Frau mit Wochenbettdepression stützt sich am Gitterbett
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Wochenbettdepression – Definition, Ursache, Behandlung

Die Wochenbettdepression bezeichnet eine Form der Depression, die im ersten Jahr nach der Geburt auftritt und die Entwicklung der Beziehung zwischen Mutter und Kind stark beeinträchtigen kann. Betroffene Frauen können sich nach der Geburt nicht über ihr Baby freuen und nehmen die neue Mutterrolle nicht als Glück oder Lebensbereicherung wahr.

Nicht wenige Frauen – und manche Männer – entwickeln nach der Geburt ihres Kindes eine so genannte Wochenbettdepression. Die Symptome unterscheiden sich nicht oder kaum von denen einer Depression aus anderen Gründen. Die Krankheit ist aber gut behandelbar, und es ist wichtig, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Factbox – Wochenbettdepression

Wochenbettdepression, postpartale Depression (PPD), postnatale Depression

Definition: Depression im ersten Jahr nach der Geburt eines Kindes

Ursachen: biologische, psychische, psychosoziale

Diagnose: Edinburgh-Postnatal-Depression-Scale (EPDS)

Symptome: wie Depression, zusätzlich: starke emotionale Labilität, Unfähigkeit, positive Gefühle für das Kind zu entwickeln, übermäßige Angst um das Wohlbefinden des Kindes, starke Zweifel an den eigenen Fähigkeiten als Mutter, Versagensängste, Gedanken daran, eine schlechte Mutter, ein schlechter Vater zu sein, Zwangsgedanken, Probleme beim Stillen, häufiges Weinen

Behandlung: soziale Unterstützung, Psychotherapie, ggf. Antidepressiva 

Was ist eine Wochenbettdepression?

Von einer Wochenbettdepression spricht man, wenn Frauen im ersten Jahr nach der Geburt ihres Kindes Symptome einer Depression entwickeln. Die Fachleute bezeichnen dieses Krankheitsbild auch als Postpartale Depression oder als postnatale Depression. Auch Männer können davon betroffen sein. Die Hauptsymptome der Wochenbettdepression unterscheiden sich nicht oder kaum von denen einer Depression aus anderen Gründen.

Betroffene sind niedergeschlagen und leiden unter Freudlosigkeit, Antriebslosigkeit und Interessensverlust. Hinzu kommt aber manchmal auch noch ein weiteres Symptom: Bei den betroffenen Müttern können Ängste und Schuldgefühle, im schlimmsten Fall Suizidalität auftreten.

Das alles hat nichts mit dem so genannten Baby Blues zu tun, unter dem zwischen 25 und 50 Prozent aller frischgebackenen Mütter leiden. Der Baby Blues, den Fachleute auch Postpartales Stimmungstief nennen, tritt in der ersten Woche nach der Geburt auf und zeigt sich an leichten depressiven Verstimmungen, Traurigkeit, einer labilen Stimmung und einer leichten Irritierbarkeit, – Symptome, die die Experten auf die hormonelle Umstellung nach der Geburt zurückführen. Der Baby Blues verschwindet meistens spontan nach ein paar Stunden oder Tagen.

Ebenfalls abzugrenzen ist die Wochenbettdepression von der postpartalen Psychose. Dabei handelt es sich um eine psychische Erkrankung, die bei 0,1 bis 0,2 Prozent der jungen Mütter in den ersten vier Wochen nach der Geburt auftritt und die wochen- oder auch monatelang anhalten kann. Die  betroffenen Frauen leiden unter anderem unter Wahnvorstellungen und Halluzinationen, verhalten sich ziellos, und manchmal haben sie auch Suizid- und Kindstötungsgedanken. Die postpartale Psychose ist eine schwere und unbedingt behandlungsbedürftige psychische Erkrankung.

Die Wochenbettdepression betrifft zwischen zehn und 15 Prozent der jungen Mütter; Was Väter betrifft, so gibt es noch keine validen Zahlen, da man erst beginnt, dieses Thema zu beforschen.

In jedem Fall ist es wichtig zu wissen, dass all diese Krankheitsbilder psychische Erkrankungen sind und keinesfalls etwas mit persönlichem Versagen zu tun haben. Von einer Wochenbettdepression Betroffene sind keine schlechten Mütter oder Väter, aber sie sollten unbedingt professionelle Hilfe in Anspruch nehmen – in ihrem eigenen Interesse ebenso wie in dem ihres Kindes, denn wenn die Postpartale Depression nicht behandelt wird, kann es zu schwerwiegenden Konsequenzen bei Mutter und Kind kommen: Die Depression kann chronisch werden oder gar zum Suizid führen. Und: Beim Baby können Bindungsstörungen, Verhaltensauffälligkeiten und Störungen der Entwicklung auftreten. Außerdem kann es zu Störungen in der Mutter-Kind-Beziehung kommen.

Wochenbettdepression – welche Ursachen?

Die Ursachen einer Depression sind immer multifaktoriell. Das heißt, dass es verschiedene Gründe dafür gibt, warum man daran erkrankt. Was die Entstehung einer Wochenbett-Depression betrifft, so nimmt man an, dass es neurochemische, hormonelle und psycho-soziale Faktoren gibt, die daran beteiligt sind. So dürfte das Sinken des Östrogenspiegels nach der Geburt eine Rolle spielen, aber auch Veränderungen im serotonergen System.

Weiters nennen die Experten:

  • soziale Risikofaktoren: Dazu zählen etwa wenig soziale Unterstützung durch den Partner oder das familiäre Umfeld, ein Migrationshintergrund sowie belastende Lebenserfahrungen wie Gewalt in der Familie oder Missbrauch.
  • psychische Risikofaktoren: Dazu zählen zum Beispiel Angststörungen und Stress in der Schwangerschaft, frühere Erfahrungen mit der Erkrankung Depression oder anderen psychischen Erkrankungen sowie Alkohol-, Medikamenten- oder Drogenmissbrauch.
  • biologische Risikofaktoren: Dazu zählen die Experten viele Geburten und weitere Erkrankungen.

Hinweise gibt es auch darauf, dass Frauen, die grundsätzlich sensibel auf hormonelle Veränderungen reagieren, das Risiko einer Wochenbettdepression erhöhen. Ein erhöhtes Risiko könnte auch vorliegen, wenn Wochenbettdepressionen schon in der Familiengeschichte vorgekommen sind.

Wochenbettdepression – welche Symptome?

Was die Symptomatik einer Wochenbettdepression betrifft, so unterscheidet sie sich grundsätzlich nicht von jener, die bei einer anderen depressiven Erkrankung auftritt, aber zusätzlich zu den Symptomen der Niedergeschlagenheit, der Interesselosigkeit, des Antriebsmangels oder der Schlafstörungen gibt es folgende besondere Symptome in Bezug auf die Postpartale Depression:

  • eine starke emotionale Labilität
  • eine Unfähigkeit, positive Gefühle für das Kind zu entwickeln (bis hin zu Gefühllosigkeit)
  • übermäßige Angst um das Wohlbefinden des Kindes
  • starke Zweifel an den eigenen Fähigkeiten als Mutter
  • Versagensängste
  • Gedanken daran, eine schlechte Mutter, ein schlechter Vater zu sein
  • Zwangsgedanken (zum Beispiel daran, das Kind zu schädigen)
  • Probleme beim Stillen

Wochenbettdepression – wie wird die Diagnose gestellt?

Was die Diagnose für die Postpartale Depression betrifft, so wird sie leider zu selten gestellt. Das hat mit seine Ursache darin, dass viele Betroffene sich schämen, keine positiven oder freudvollen Gefühle nach der Geburt oder für ihr Kind überhaupt entwickeln zu können und die Erkrankung deshalb oft verschweigen. Zudem werden ausgeprägtere depressive Symptome oft mit dem Baby Blues verwechselt, und: Manche Symptome, die eine postnatale Depression kennzeichnen, sind kaum von „normalen“ Reaktionen zu unterscheiden, die viele Frauen nach einer Geburt erleben – Stichwort: Schlafstörungen, Übermüdung, Erschöpfung, …

Deshalb empfehlen die Fachleute auch den Einsatz einer speziellen Risikoskala, der Edinburgh-Postnatal-Depression-Scale (EPDS) für die Diagnose einer Wochenbettdepression. Die Selbstbeurteilungsfrageboden der EPDS umfasst zehn Fragen, mit denen sich Betroffene gut identifizieren lassen, und die Experten empfehlen den gezielten Einsatz dieser Skala für niedergelassene Gynäkologen für den Zeitpunkt der Nachuntersuchung ca. sechs Wochen nach der Geburt.

Wochenbettdepression – wie wird sie behandelt?

Was die Behandlung gegen die Postpartale Depression betrifft, so wird wie bei der Depression generell ein multimodaler Therapieansatz empfohlen. Das heißt, dass sowohl psycho- und soziotherapeutische Interventionen als auch eine medikamentöse Behandlung in Frage kommen. Dabei gilt es aber zu berücksichtigen, ob die junge Mutter ihr Baby stillt. In diesem Fall muss die Entscheidung für eine Behandlung mit Antidepressiva besonders sorgfältig abgewogen werden.

In jedem Fall ist aber die Psychotherapie hilfreich. Dabei haben sich vor allem die kognitive Verhaltenstherapie und die interpersonelle Psychotherapie als erfolgreich erwiesen.

Was die Behandlung mit Antidepressiva betrifft, so ist sie bei schweren Postpartalen Depressionen meist notwendig. Die Experten empfehlen, die geringste wirksame Dosis zu geben, das plötzliche Absetzen zu vermeiden und die Wirkstoffkonzentration regelmäßig durch ein Blutbild überwachen zu lassen. Zum Einsatz können Selektive Serotonin Wiederaufnahmehemmer (SSRI) und Trizyklische

FAQ

Vom Baby Blues sind bis zu 50 Prozent der jungen Mütter in der ersten Woche nach der Geburt betroffen. Kennzeichnend dafür ist ein Stimmungsabfall oder Stimmungsschwankungen, wobei diese Symptome meist eher leicht ausgeprägt sind und sich nach spätestens zwei Wochen geben. Im Unterschied dazu ist die Wochenbettdepression eine „echte“ Depression, deren Symptome wesentlich stärker ausgeprägt sind und längere Zeit andauern. Diese Postpartale Depression ist behandlungsbedürftig.

Eine Wochenbettdepression hält bei den meisten Betroffenen einige wenige Monate lang an. Allerdings kann sie auch länger dauern bzw. wiederkommen.

Bis jetzt wurden einzelne Studien durchgeführt, die den Nutzen von körperlichem Training nach der Geburt als Prophylaxe gegen die Postpartale Depression untersucht haben. Die Ergebnisse zeigten aber keinen deutlichen Benefit.

Ansprechpartner im Fall einer Postpartalen Depression sind Hebammen und Gynäkologen. Sie können hilfreiche Erstinformationen geben und gegebenenfalls an eine Psychotherapeutin oder einen Psychiater weiterverweisen. Außerdem gibt es Selbsthilfegruppen für Betroffene, in denen man sich austauschen und gegenseitig unterstützen kann.

Wichtig ist, die Sorgen der Betroffenen ernst zu nehmen und sie dabei zu unterstützen, professionelle Hilfe zu suchen. Hilfreich ist auch die Entlastung bei alltäglichen Aufgaben, mit denen Frauen, die unter einer Postpartalen Depression leiden, oft überfordert sind.

  • Autor

    Katharina Miedzinska, MSc

    Medizinjournalistin

    Katharina Miedzinska-Baran ist eine freie Medizinjournalistin, Biologin und Diätologin mit umfangreicher Expertise in der Erstellung medizinischer Inhalte sowie großem Interesse an Gesundheitsthemen.

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