Magersüchtiges Mädchen von hinten fotografiert, schwarzer background
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Magersucht – Anorexie

Die Magersucht ist eine schwere, behandlungsbedürftige Essstörung. Typisch sind ein starker Gewichtsverlust oder anhaltendes Untergewicht sowie eine fehlende Krankheitseinsicht. Die Gedanken der Betroffenen kreisen ständig um die Themen Essen, Gewicht und Figur, und sie empfinden sich immer als zu dick. Die Anorexis nervosa kann zu schweren körperlichen und psychischen Schäden führen und mitunter tödlich enden. Wichtig ist es auf Alarmzeichen zu achten und Betroffene behutsam an eine Therapie heranzuführen.

Zusammenfassung

Factbox – Magersucht

Synonyme: Anorexie, Anorexia nervosa, Magersucht

Definition: schwerwiegende Essstörung mit problematischem Umgang mit dem Verzehr von Nahrungsmitteln und dem eigenen Selbstbild

Symptome: dauernde Beschäftigung mit den Themen Essen, Gewicht und Figur, Körperschemastörung, Meiden hochkalorischer Nahrung, selbstinduziertes Erbrechen, Missbrauch von Abführmitteln, übertriebene körperliche Aktivität, übertriebene Gewichtskontrolle, Ausbleiben der Monatsblutung, Potenz- und Libidoverlust, depressive Stimmungen, Ängste und Zwangssymptome, keine Krankheitseinsicht

Formen: Anorexia nervosa vom restriktiven Typ, Anorexia nervosa vom Binge-eating/Purging Typ

Therapie: Ernährungstherapie und -beratung, Psychotherapie; Setting je nach Schwere der Ausprägung ambulant, tagesklinisch oder stationär

Was ist eine Anorexie?

Die Anorexie (Anorexia nervosa, Magersucht) ist eine schwerwiegende Essstörung, bei der ein problematischer Umgang mit dem Verzehr von Nahrungsmitteln und dem eigenen Selbstbild vorliegt. Betroffen sind vor allem junge Mädchen und Frauen, wobei der Häufigkeitsgipfel zwischen 13 und 16 Jahren liegt. Die Gedanken Magersüchtiger kreisen ständig um die Themen Essen, Gewicht und Figur, und sie empfinden sich immer als zu dick, selbst dann, wenn sie bereits stark untergewichtig sind. (Experten sprechen in diesem Zusammenhang von einer Körperschemastörung.) Deshalb führen sie den Gewichtsverlust absichtlich herbei, indem sie extrem wenig essen, sich danach erbrechen, Abführmittel missbrauchen und/oder übertrieben Sport betreiben.

Magersüchtige verlieren im Schnitt 40 bis 50 Prozent ihres ursprünglichen Gewichts. Bei Erwachsenen gilt ein Body-Mass-Index ab 17,5 als Anzeichen für eine Anorexie. Das sind 15 Prozent weniger als das Normalgewicht. Für Kinder und Jugendliche gelten andere Grenzwerte, da sie noch im Wachstum sind. Hier werden so genannte Perzentilen (Wachstums- und Gewichtskurven) herangezogen, in die Alter, Gewicht und Körpergröße miteinfließen.

Experten unterscheiden zwei Formen der Anorexia nervosa:

  • Bei der Anorexia nervosa vom restriktiven Typ schränken die Patienten die Nahrungsaufnahme ein, haben aber nicht regelmäßig Essanfälle oder ein Purging-Verhalten, bei dem sie Erbrechen selbst induzieren oder Abführmittel und Einläufe missbrauchen. Manche Betroffene betreiben aber exzessiv Sport.
  • Bei der Anorexia nervosa vom Binge-eating/Purging Typ haben die Patienten regelmäßig Essanfälle, induzieren dann Erbrechen und/oder missbrauchen Abführmittel und Einläufe.

Die Krankheit hat einen suchtähnlichen Charakter, denn der Drang zu hungern und größtmögliche Kontrolle über Bedürfnisse und Körper zu haben, verschaffen Betroffenen einen regelrechten Kick, den sie immer wieder erleben wollen. Typisch für das Krankheitsbild dieser Essstörung ist auch das Leugnen des Problems, wobei aber der oft massive und rasche Gewichtsverlust lebensbedrohlich werden kann, denn die Unterernährung führt mit der Zeit zu schweren körperlichen Schäden – etwa an Nieren, Herz und Hormonhaushalt, und Betroffene leiden zudem an gravierenden psychischen Problemen wie DepressionenÄngsten und Zwängen bis hin zur Suizidalität.

Die Übergänge zu anderen Essstörungen – insbesondere zur Bulimie sind fließend. Die Magersucht selbst gilt als eine sehr gefährliche Essstörung, denn sie kann mitunter tödlich enden: Die Mortalitätsrate ist die höchste unter allen psychischen Erkrankungen. Problematisch bei der Erkrankung ist auch die fehlende Krankheitseinsicht der Betroffenen: Sie suchen von sich aus keine Hilfe, sondern werden meist erst durch Druck anderer dazu gebracht, professionelle Unterstützung in Anspruch zu nehmen.

Ursachen der Anorexie

Was die Ursachen der Anorexia nervosa betrifft, so werden genetische, neurobiologische, psychosoziale, gesellschaftliche und individuelle Faktoren diskutiert. Generell wirken bei der Entstehung der Krankheit verschiedene Faktoren zusammen, die sich gegenseitig beeinflussen können. Auslöser für den Ausbruch der Erkrankung können belastende Erlebnisse, körperliche Erkrankungen oder der Beginn körperlicher Veränderungen in der Pubertät sein.

Erste Anzeichen einer Magersucht

  • Gewichtsabnahme: Achtung: Sie zeigt sich nicht immer auf der Waage. Es kann auch sein, dass Kinder und Jugendliche zwar kein Gewicht verlieren, aber auch nicht zunehmen, obwohl sie noch im Wachstum sind.
  • ständige Angst zuzunehmen oder zu dick zu sein und die Kontrolle über Essen und Gewicht zu verlieren.
  • Treffen von Maßnahmen zum Abnehmen: Betroffene essen keine kalorienreichen Speisen und Lebensmittel oder schränken die Auswahl stark ein. Erbrechen wird selbst verursacht, Abführmittel und andere Arzneimittel zur Gewichtsabnahme werden missbraucht. Betroffene sind übertrieben körperlich aktiv und betreiben etwa Sport als absolutes Muss.
  • Auffälliges Essverhalten: Typisch sind etwa extrem langsames Essen, Kalorienzählen, Kleinschneiden der Nahrung oder Essen nach bestimmten Zeitplänen.
  • Übertriebene Gewichtskontrolle
  • Überbewertung von Figur und Gewicht
  • Ausbleiben der Monatsblutung bei Mädchen und Frauen, Potenzverlust bei Jungen und Männern
  • häufig depressive Stimmungen, Ängste und Zwangssymptome
  • Keine Einsicht in die Gefährlichkeit des eigenen Tuns

Diagnose der Anorexie

Erster Ansprechpartner ist bei Erwachsenen oft der Hausarzt, bei Kindern und Jugendlichen der Facharzt für Kinder- und Jugendheilkunde oder für Kinder- und Jugendpsychiatrie. Er oder sie führt ein Anamnesegespräch und eine eingehende körperliche Untersuchung durch, bestimmt Körpergröße und Gewicht, fragt nach der Körperwahrnehmung und kann spezielle Fragebögen nutzen, die zur Entdeckung von Essstörungen entwickelt wurden. Blut- und Urintests können Aufschluss über die Auswirkungen von Gewichtsverlust und Unterernährung geben. Eine Knochendichtemessung erlaubt die Feststellung des Verlusts von Knochendichte. Ein EKG kann durchgeführt werden, um Herzrhythmusstörungen festzustellen.

Therapie der Anorexie

In der Therapie der Erkrankung geht es zunächst darum, die akuten Symptome zu lindern und den Betroffenen zu helfen, an Gewicht zuzunehmen und ein gesundes Essverhalten zu erlernen. Therapieziele sind die Normalisierung der Mahlzeitenstruktur mit drei bis fünf Mahlzeiten pro Tag sowie 500 bis 1.000 Gramm Gewichtszunahme pro Woche. Neben Ernährungstherapie und -beratung spielt die Psychotherapie eine entscheidende Rolle bei der Behandlung der Essstörung Magersucht. Dabei geht es um die Analyse möglicher auslösender und krankheitserhaltender Faktoren sowie um die Entwicklung von Strategien, die einen Rückfall verhindern können.

Die Therapie der Magersucht ist auch abhängig davon, wie stark die Krankheit ausgeprägt ist. Sie kann ambulant, tagesklinisch oder stationär stattfinden, und in lebensbedrohlichen Situationen kann auch eine Zwangsbehandlung notwendig werden. Wichtig ist auch die Nachsorge, denn auch nach einer erfolgreichen Behandlung bleiben oft Symptome bestehen, die zu einem Rückfall führen können. Die Aussichten auf eine vollständige Heilung sind am besten, wenn die Essstörung frühzeitig erkannt und behandelt wird.

Was Angehörige tun können

Da Magersüchtige keine Krankheitseinsicht haben, müssen Angehörige sehr behutsam vorgehen und viel Geduld aufbringen. Für das Gespräch mit Betroffenen wird empfohlen, Ich-Botschaften zu formulieren, offen zu sein und Verständnis zu zeigen, Vorwürfe, Schuldzuweisungen und Drohungen zu unterlassen und die Themen Gewicht, Figur und Essverhalten nicht zum Mittelpunkt des Gesprächs zu machen. Wichtig ist, die Bereitschaft zur Unterstützung zu zeigen, zu weiterführender Hilfe zu motivieren, Begleitangebote zu machen, kleine Erfolge zu würdigen und positiven Dingen, die nichts mit der Essstörung zu tun haben, Raum zu geben.

Ist die Krankheit aber schon weiter fortgeschritten und macht der oder die Betroffene einen schwer kranken Eindruck oder besteht ein Suizidverdacht, so muss sofort ärztliche Hilfe in Anspruch genommen werden.

  • Autor

    Dr. Rosalia Rutter

    Medizinjournalistin

    Dr. Rosalia Rutter ist eine freie Medizinjournalistin mit einem Studium der Ernährungswissenschaften und Biochemie an der Universität Wien. Sie verfügt über langjährige Expertise im Verfassen medizinischer Inhalte.

Brockmeyer T. et al.: S3-Leitlinie Diagnostik und Behandlung der Essstörungen
https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/051-026l_S3_Essstoerung-Diagnostik-Therapie_2020-03.pdf, Abruf August 2021

Zeeck A. et al.: Patientenleitlinie „Diagnostik und Behandlung von Essstörungen“ 1. Auflage 2015
https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/051-026p_Essstoerungen_2015-06_01.pdf, Abruf August 2021

Attia E. et al.: Anorexia nervosa
https://www.msdmanuals.com/de/profi/psychische-störungen/essstörungen/anorexia-nervosa, Abruf August 2021

https://www.bzga-essstoerungen.de/was-sind-essstoerungen/arten/magersucht/?L=0, Abruf August 2021

https://www.amboss.com/de/wissen/Anorexia_nervosa/, Abruf August 2021

Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung: Essstörungen. Leitfaden für Eltern, Angehörige und Lehrkräfte
https://www.uni-wuerzburg.de/fileadmin/32500600/Broschueren/Essstoerungen_Leitfaden.pdf, Abruf August 2021

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