grübelnde Frau vor gelbem Hintergrund
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Sexuelle Funktionsstörungen der Frau

Sexuelle Funktionsstörungen betreffen bis zu 43 Prozent der Frauen. Am häufigsten dabei sind geringes sexuelles Verlangen, Erregungsstörungen, Schmerzen beim Sex und Schwierigkeiten, zum Orgasmus zu kommen. Die Störungen haben vielfältige Ursachen und werden häufig nicht diagnostiziert bzw. behandelt, dabei könnten viele dieser sexualmedizinischen Probleme gelöst werden.

Factbox

Sexuelle Funktionsstörung; sexuelle Dysfunktion, funktionelle Sexualstörung

Definition: Von einer sexuellen Funktionsstörung spricht man, wenn die eigene Sexualität nicht befriedigend ausgelebt werden kann und der oder die Betroffene darunter leidet. Die Störung muss mindestens sechs Monate bestehen

Ursachen: psychische Ursachen: traumatische Erfahrungen, Depression, aktuelle Konflikte und Belastungen,…;
körperliche Ursachen: Krankheiten, Nebenwirkungen von Medikamenten, Folgen von Operationen, hormonelle Faktoren, gynäkologische Probleme…

Formen: Störungen der sexuellen Appetenz (Luststörungen), Störungen der sexuellen Erregung, Orgasmusstörungen, sexuelle Schmerzstörungen

Therapie: Aufklärung, Psychotherapie, Paartherapie, Wechsel des Antidepressivums, lokale Östrogentherapie

Was ist eine sexuelle Funktionsstörung?

Sexualität ist ein wichtiger Teil weiblichen Lebens und Erlebens, und Daten aus groß angelegten Studien zeigen, dass diese sich im Laufe des Lebens wandelt. Demnach sind Frauen zwischen 26 und 35 Jahren am häufigsten mit einem Partner oder einer Partnerin sexuell aktiv. In höherem Alter nimmt die sexuelle Aktivität wieder ab, sinkt in der Altersgruppe der 46- bis 55-jährigen, also in der Zeit der Wechseljahre, auf den tiefsten Wert, und steigt danach wieder an. Die sexuelle Zufriedenheit ist dabei stark von der eigenen Gesundheit und Beziehungssituation abhängig, und – das ist eine weitere Tatsache – leider ist das sexuelle Leben für sehr viele Frauen nicht erfüllend bzw. befriedigend.

Bis zu 43 Prozent der Frauen leiden unter sexuellen Funktionsstörungen. Darunter versteht man zum Beispiel geringes sexuelles Verlangen, Erregungsstörungen, Schmerzen beim Sex oder Schwierigkeiten, zum Orgasmus zu kommen. Laut mehreren  Studien berichten sogar 20 bis 40 Prozent der Frauen, dass sie kein Verlangen nach sexueller Aktivität haben. Zehn bis 30 Prozent geben an, unter Orgasmus- und Erregungsproblemen zu leiden, und von Schmerzen beim Geschlechtsverkehr berichten zehn bis 20 Prozent der Frauen.

Definitionsgemäß muss die Störung seit mindestens sechs Monaten bestehen, und das jeweilige sexuelle Verhalten oder Erleben gilt dann als dysfunktional, wenn die betroffene Person darunter leidet oder andere Personen zu Schaden kommen.

Wie entstehen sexuelle Funktionsstörungen?

Die Ursachen und Risikofaktoren, die zu einer sexuellen Funktionsstörung führen bzw. sie aufrecht erhalten können, sind sehr vielfältig, und grundsätzlich gibt es eine Reihe von psychischen Ursachen sowie – vor allem bei der älteren Frau – auch körperliche.

Psychische Ursachen können weit zurück liegen und etwa in einer restriktiven Sexualerziehung oder traumatischen Erfahrungen liegen. Aber auch aktuelle Beziehungskonflikte, Stress und Belastungen können zu sexuellen Dysfunktionen führen, und speziell die Depression führt fast immer zu einem Verlust des sexuellen Interesses.

Was körperliche Ursachen betrifft, so beeinflussen fast alle großen Volkskrankheiten wie Herzkreislauferkrankungen, Stoffwechselstörungen oder neurologische und psychiatrische Erkrankungen auch die Sexualität. Bei all diesen Krankheitsbildern können, teils durch die Krankheit selbst, teils durch die Nebenwirkungen von Medikamenten oder die Folgen von Operationen auch die sexuellen Funktionen beeinträchtigt werden. Zudem gibt es auch spezifischere Ursachen wie hormonelle Faktoren (Z.B. Östrogen- und/oder Testosteronmangel) oder gynäkologische Probleme wie Endometriose, Myome oder Infektionen. Diese Faktoren spielen vor allem bei den sexuellen Schmerzstörungen eine wichtige Rolle.

Die Störungen im Einzelnen

  • Störungen der sexuellen Appetenz: Darunter versteht man ein breites Spektrum von Luststörungen, die von Desinteresse bis hin zu einer Aversion gegen sexuelle Kontakte reicht. Häufig berichten Frauen, dass sie von sich aus kein aktives Interesse an Sex haben, sexuelle Kontakte nicht „brauchen“ und gut ohne Sex auskommen können. Meist ist aber der Wunsch nach Zärtlichkeit und Intimität trotzdem vorhanden, manchmal sogar verstärkt, doch betroffene Frauen meiden körperliche Nähe aus Angst, der Partner könnte mehr wollen. Solche Störungen der sexuellen Appetenz können dazu führen, dass mit der Zeit auch die Erregungsfähigkeit nachlässt und das Erleben eines Orgasmus immer seltener wird.
  • Von einer sexuellen Aversion ist dann die Rede, wenn eine Frau eine ausgeprägt Abneigung bzw. Abwehr gegenüber allen Formen von Sexualität verspürt und sexuelle Kontakte vermeidet. Eine häufige Ursache dieser Störung sind negative bzw. traumatische sexuelle Erfahrungen.
  • Störungen der sexuellen Erregung: Dazu zählen der Mangel an subjektiver Erregbarkeit und das Fehlen körperlich genitaler Reaktionen auf sexuelle Stimulation bzw. Kombinationen aus beidem. Sexuelle Stimulation kann dabei nichtgenital (z.B. Küssen, Tanzen, Anschauen eines erotischen Films,…) oder genital (körperliche Stimulation) sein, in jedem Fall aber wird die Frau dadurch nicht erregt. Eine Ausnahme bildet die genitale Störung der sexuellen Erregung, bei der es zwar aufgrund einer nichtgenitalen Stimulation, aber nicht als Reaktion auf eine genitale Stimulation zu subjektiver Erregung kommt.
  • Orgasmusstörungen: Dabei kommt es zum Ausbleiben oder einer Verzögerung des Orgasmus, auch dann wenn die sexuelle Stimulation ausreichend ist und die Frau sowohl auf mentale als auch auf emotionale Art erregt ist. Das kann immer wieder einmal passieren und ist erst störungswertig, wenn der sexuelle Höhepunkt nur sehr selten oder nie erreicht wird. Orgasmusstörungen führen in weiterer Folge häufig zu schwerwiegenderen Sexualproblemen.
  • Sexuelle Schmerzstörungen: Die Schmerzsyndrome reichen von mehr oder weniger stark ausgeprägten Missempfindungen (Dyspareunie) bis hin zum Scheidenkrampf, einer schmerzhaften Verkrampfung des äußeren Drittels der Scheidenwandmuskulatur, wenn etwas eingeführt werden soll. Beim Vaginismus sind das Eindringen des Penis, eine gynäkologische Untersuchung oder das Einführen eines Tampons oft gar nicht möglich. Sexuell bedingte Schmerzen bedeuten eine besondere Belastung der Sexualität und Schmerzen können das Erleben von Lust im schlimmsten Fall ganz verunmöglichen.

Behandlung von sexuellen Funktionsstörungen

Die Therapie von sexuellen Funktionsstörungen richtet sich nach der Art der Störung und dem zugrunde liegenden Problem. Vielfach genügt schon gute und professionelle Aufklärung, zum Beispiel über die Faktoren, die an der weiblichen sexuellen Reaktion beteiligt sind. Anders liegt der Fall, wenn etwa traumatische Erfahrungen zur sexuellen Funktionsstörung geführt haben. Hier ist oft eine intensive Psychotherapie bzw. Paartherapie wichtig.

Wenn körperliche bzw. äußere Ursachen beteiligt sind, ist es notwendig, diese nach Möglichkeit zu beseitigen. So können etwa bestimmte Antidepressiva (SSRI) zu verschiedenen Arten der sexuellen Funktionsstörung beitragen, und eine Umstellung auf ein Antidepressivum mit weniger Nebenwirkungen auf das Sexualleben kann oft helfen. Bei Scheidentrockenheit und bestehendem Östrogenmangel kommt eine lokale Östrogentherapie in Frage.

Was Sie selbst gegen sexuelle Unlust tun können

Gegen die weit verbreitete weibliche sexuelle Unlust (Appetenzstörung) gibt es ebenfalls Mittel und Wege:

  • Nehmen Sie sich Zeit für sexuelle Aktivitäten
  • Üben Sie Achtsamkeit
  • Sprechen Sie mit Ihrem Partner über Sex
  • Wählen Sie einen guten Zeitpunkt und einen passenden Ort für sexuelle Aktivitäten
  • Nutzen Sie viele verschiedene Arten sexueller Aktivitäten
  • Planen Sie gemeinsame Zeit, in der keine sexuelle Aktivität stattfindet
  • Ergreifen Sie aktiv Maßnahmen, um etwa ungewollte Schwangerschaft oder sexuell übertragbare Krankheiten zu vermeiden.

Wer hilft weiter? 

Mit dem nicht immer einfach anzusprechenden Thema, kann man sich in erster Linie an die Haus- oder Frauenarzt wenden. Zur Behandlung können auch weitere Experten wie beispielsweise Urologen, Psychologen oder Sexualtherapeuten herangezogen werden.

  • Autor

    Mag. Gabriele Vasak

    Medizinjournalistin

    Gabriele Vasak ist seit 2019 freie Journalistin in der DocFinder-Redaktion. Ihr besonderes Interesse liegt schon lange im Bereich der medizinischen Contentproduktion. Im Jahr 2006 wurde sie mit dem Medienpreis für Gesundheitsförderung & Prävention des Fonds Gesundes Österreich ausgezeichnet, und im Jahr 2010 erhielt sie den Pressepreis der Österreichischen Gesellschaft für Neurologie.

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