Neuroleptika
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Neuroleptika

Neuroleptika sind antipsychotisch wirksame Medikamente, die vor allem gegen Erregungszustände, Halluzinationen, Wahnideen und andere schwere Störungen des Erlebens oder Verhaltens eingesetzt werden.

Zusammenfassung

Factbox 

Neuroleptika, Antipsychotika  

Definition: antipsychotisch wirksame Medikamente, die gegen schwere Störungen des Erlebens und Verhaltens eingesetzt werden.

Wirkweise: Diese Dopamin-Rezeptor-Antagonisten beeinflussen den Stoffwechsel des Botenstoffs Dopamin. 

Arten: typische Antipsychotika (der ersten Generation), atypische Antipsychotika (der zweiten Generation); hoch-, mittel- und niedrigpotente Antipsychotika; 

Häufige Nebenwirkungen: extrapyramidal-motorische Nebenwirkung (EPMS), Frühdyskinesien, parkinsonoide Symptomatik, Akathisie, Spätdyskinesien 

Was sind Neuroleptika?

Neuroleptika (auch Antipsychotika) sind Psychopharmaka, die antipsychotisch wirken und gegen schwere Störungen des menschlichen Erlebens und Verhaltens eingesetzt werden. Solche Störungen sind zum Beispiel Erregungszustände, Halluzinationen und Wahnideen, die bei psychischen Störungen und akuten Psychosen wie schizophrenen Schüben, manischen Episoden, psychotisch-depressiven Störungen und Erregungszuständen im Rahmen eines Delirs oder einer Alzheimer-Demenz auftreten. Antipsychotika sind hoch wirksame Medikamente, die oft nur über einen kurzen Zeitraum bei akuten Problemen zur Anwendung kommen. Die Langzeitanwendung mit einem solchen Wirkstoff betrifft chronische psychotische Störungen wie Schizophrenie, schizoaffektive Störungen und Wahnerkrankungen. 

Es gibt verschiedene Arten von Neuroleptika. Die stark wirkenden so genannten hochpotenten Neuroleptika haben die Eigenschaft, die Intensität der Wahrnehmung zu verringern. Das betrifft Sinneswahrnehmungen, die Wahrnehmung des eigenen Körpers, der eigenen Gedanken und Gefühle. Die Wirkung von Antipsychotika kann dabei so ausgeprägt sein, dass man sich benommen und wie von der Welt getrennt fühlt. Diese antipsychotische Wirkung kann oft hilfreich sein, weil sie die akute Überlastung und Überforderung, mit der akute Psychosen einhergehen, unterbricht, und es wird für Betroffene leichter, ihr psychotisches Erleben mit der Realität abzugleichen und langsam wieder in die Wirklichkeit der Welt zurückzufinden. Aber: Hochpotente Neuroleptika haben auch zahlreiche unerwünschte Nebenwirkungen wie etwa Frühdyskinesien, Spätdyskinesien, Akathesie und Symptome, die der Parkinson-Krankheit ähnlich sind, und diese Nebenwirkungen werden von vielen Patienten als sehr unangenehm empfunden. Auch die abschirmende Wirkung dieser Substanzen wird oft nicht unbedingt als angenehm erlebt und so behandelte Patienten nehmen sie nur in Kauf, weil es ihnen damit besser geht als in der akuten Psychose ohne Medikamente. Andere wiederum lehnen die Nebenwirkung der Abschirmung ihrer gesamten Wahrnehmung ab, und so gibt es nicht wenige Patienten, die Neuroleptika nicht oder nur sehr ungern einnehmen – auch dann, wenn sie damit riskieren, eine neuerliche Psychose zu erleben.

Wichtig ist deshalb für Betroffene ein gutes Verhältnis mit dem behandelnden Psychiater. Dieser sollte die Ängste seiner Patienten ernst nehmen und sie so aufklären und informieren, dass sie die Verordnung eines Antipsychotikums akzeptieren können. 

Das ist auch deshalb von Bedeutung, weil Neuroleptika auch zur langfristigen Behandlung oder Prophylaxe eingesetzt werden und in dieser Anwendung sehr nützlich und oft auch unentbehrlich sein können. 

Neuroleptika haben – wie Antidepressiva – kein Abhängigkeits- oder Suchtpotenzial.

Wie wirken Neuroleptika? 

Neuroleptika sind Dopamin-Rezeptor-Antagonisten. Die Verbindungen hemmen den G-Protein-gekoppelten D2-Rezeptor. Das bedeutet, dass der Wirkstoff dieser Medikamente den Stoffwechsel des Botenstoffs Dopamin beeinflusst. Es kommt zu einer Blockade der Rezeptoren für den Botenstoff Dopamin im Gehirn, sodass das Dopamin an der synaptischen Nervenzelle, welche die Empfängerzelle ist, keine Wirkung entfalten kann. Hintergrund dafür ist, dass man annimmt, dass es etwa im Gehirn schizophrener Patienten mit schweren psychotischen Zuständen zu einer Dysregulation des dopaminergen Systems kommt. Die Negativ-Symptomatik (Affektverflachung, Interessensverlust, kognitive Dysfunktionen, Antriebsarmut, soziales Rückzugsverhalten), die dabei auftritt, erklären sich Wissenschaftler mit einer verminderten Aktivität im frontalen Bereich, die Positiv-Symptomatik (neue Denk-, Erlebens- und Verhaltensweisen wie Wahn, Halluzinationen und Ich-Störung) mit einer verstärkten Aktivität im mesolimbischen System. 

Eine Problematik bei Antipsychotika besteht darin, dass sie nicht besonders selektiv wirken und daher auch Dopamin-Rezeptoren in anderen Bereichen des Gehirns blockieren. Das führt zu der umfassenden blockierenden Nebenwirkung. Zudem beeinflussen sie auch Serotonin-Rezeptoren sowie Histamin-, Muscarin- und adrenerge Rezeptoren, was ebenfalls zu zahlreichen unerwünschten Nebenwirkungen führen kann. 

Wichtig zu wissen ist auch, dass hochpotente Neuroleptika stark antipsychotisch und wenig sedierend wirken, während niedrigpotente Neuroleptika wenig antipsychotisch und stark sedierend wirken. Mittelpotente Neuroleptika haben eine mittelstarke antipsychotische und eine mittelstark sedierende Wirkung. 

Grundsätzlich wirken Antipsychotika nur symptomatisch. Das heißt, dass sie psychische Krankheiten nicht heilen können, aber sie können Symptome wie Wahn oder Halluzinationen meist beseitigen, sodass die Patienten sich von ihrer Erkrankung distanzieren und ihren Zustand selbst als krankhaft erkennen können. 

Neuroleptika
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Welche Arten von Neuroleptika gibt es? 

Experten unterscheiden grundsätzlich zwischen Antipsychotika der ersten Generation (klassische Neuroleptika) und Antipsychotika der zweiten Generation (atypische Neuroleptika). Antipsychotika der ersten Generation leiten sich von der im Jahr 1950 entwickelten Substanz Chlopromazin ab und verursachen häufig extrapyramidal-motorische Nebenwirkungen. Innerhalb dieser Gruppe von Neuroleptika unterscheidet man nach Wirkstoff:

Antipsychotika der ersten Generation leiten sich von der im Jahr 1950 entwickelten Substanz Chlopromazin ab und verursachen häufig extrapyramidal-motorische Nebenwirkungen. Innerhalb dieser Gruppe von Neuroleptika unterscheidet man nach Wirkstoff:

  • Butyrophenone und Diphenylbutylpiperidine: Das am häufigsten angewendete Neuroleptikum dieser Substanzklasse ist Haloperidol. Andere Beispiele für Medikamente dieser Substanzklasse sind Benperidol, Bromperidol, Fluspirilen, Melperon, Pimozid, Pipamperon und Trifluperidol. 
  • Phenotiazine: Sie wirken im Vergleich mit Butyrophenonen weniger selektiv auf D2-Rezeptoren und blockieren Muscarin- und Histamin-Rezeptoren, was zu entsprechenden Nebenwirkungen führt. Beispiele für Substanzen dieser Medikamentenklasse sind Chlorpromazin, Fluphenazin, Perazin, Perphenazin und Thioridazin.
  • Thioxanthen-Derivate: Dabei handelt es sich um trizyklische Verbindungen. Beispiele für Thioxanthen-Derivate sind Chlorprothixen, Clopenthixol, Flupentixol, Zuclopenthixol 

Des Weiteren gibt es auch eine Einteilung nach der Potenz dieser Medikamente: 

  • Hochpotente Antipsychotika: Dies sind in absteigender Potenz Benperidol, Trifluperidol, Haloperidol, Bromperidol, Flupentixol, Fluspirilen, Olanzapin, Pimozid, Risperidon, Fluphenazin, Perphenazin, Zuclopenthixol, Clopenthixol
  • Mittelpotente Antipsychotika: Diese sind Zotepin, Chlorpromazin, Clozapin, Melperon, Perazin, Quetiapin, Thioridazin
  • Niedrigpotente Antipsychotika: Diese sind Pipamperon, Chlorprothixen, Prothipendyl, Levomepromazin, Amisulprid, Sulpirid

Antipsychotika der zweiten Generation (atypische Neuroleptika) sind von ihrer chemischen Struktur her sehr heterogen. Sie verursachen im Vergleich mit typischen Antipsychotika keine bzw. weniger extrapyramidal-motorische Symptome und wirken besser auf die Minus-Symptomatik der Schizophrenie. Beispiele für diese Medikamente sind Aripiprazol, Asenapin, Sulpirid, Amisulprid, Brexpiprazol, Cariprazin, Clozapin, Iloperidon, Lurasidon, Olanzapin, Quetiapin, Risperidon, Sertindol, Ziprasidon, Zotepin.

Welche Nebenwirkungen haben Neuroleptika? 

Antipsychotika sind sehr wirksame Medikamente, aber sie haben tatsächlich mehr als eine Nebenwirkung. Das betrifft vor allem ältere Substanzen, die so genannten typischen Neuroleptika. Sie verursachen oft auch extrapyramidal-motorische Nebenwirkungen. Das sind vom Zentralnervensystem ausgehende Bewegungsstörungen, die umso häufiger auftreten, je stärker die antipsychotische Wirkung der Substanz ist. Experten nennen hier Frühdyskinesien, Spätdyskinesien, die Akathesie und Symptome, die der Parkinson-Krankheit ähnlich sind, als mögliche Nebenwirkungen. 

Die möglichen Nebenwirkungen im Einzelnen sind: 

  • Frühdyskinesien: Sie äußern sich als unwillkürliche Bewegungen und krampfhaftes Anspannen der Muskeln (Zungen-, Schlund,-, Blickkrämpfe, Schiefhals) und treten schon relativ bald nach dem Beginn der Behandlung auf.
  • Spätdyskinesien: Auch dabei handelt es sich um Bewegungsstörungen, die vor allem im Gesicht auftreten (etwa Zucken, Schmatzen, Kaubewegungen), aber auch die Arme und Beine können betroffen sein und unwillkürliche Bewegungen vollziehen. Spätdyskinesien zeigen sich erst nach einer längeren Behandlung mit Neuroleptika, und sie sind dann meist nicht mehr rückgängig zu machen.
  • Akathesie: Diese Nebenwirkung ist eine quälende Bewegungsunruhe. Betroffene Patienten können dann nicht mehr still sitzen.
  • Parkinson-ähnliche Symptome: Unter diese Nebenwirkung fallen Muskelstarre, Zittern sowie verlangsamte Bewegungen bis zur Unfähigkeit, sich überhaupt zu bewegen.

Andere Nebenwirkungen, die unter einer Behandlung mit Antipsychotika auftreten können sind: 

  • Müdigkeit
  • verlangsamte Reaktionsfähigkeit
  • Gewichtszunahme
  • sexuelle Funktionsstörungen
  • Störungen am Herzen
  • Störungen der Leber- oder Nierenfunktion

Achtung: Es ist wichtig, unter einer Behandlung mit Neuroleptika regelmäßige Blut- und Leberwertkontrollen durchführen zu lassen. 

FAQ

Neuroleptika (auch Antipsychotika) sind Psychopharmaka, die antipsychotisch wirken und gegen schwere Störungen des menschlichen Erlebens und Verhaltens eingesetzt werden.

Man unterscheidet zwischen Antipsychotika der ersten Generation (klassische Neuroleptika) und Antipsychotika der zweiten Generation (atypische Neuroleptikasychotika).

Antipsychotika der ersten Generation leiten sich von der Substanz Chlopromazin ab. Innerhalb dieser Gruppe von Neuroleptika unterscheidet man nach Wirkstoff: Butyrophenone und Diphenylbutylpiperidine, Phenotiazine Thioxanthen-Derivate. Es gibt hier die Unterscheidung in hochpotenten, mittelpotenten und niedrigpotenten Antipsychotika.

Antipsychotika der zweiten Generation (atypische Neuroleptika) verursachen im Vergleich mit typischen Antipsychotika keine bzw. weniger extrapyramidal-motorische Symptome und wirken besser auf die Minus-Symptomatik der Schizophrenie.

  • Frühdyskinesien (krampfhaftes Anspannen der Muskeln)
  • Spätdyskinesien (Bewegungsstörungen, die vor allem im Gesicht auftreten)
  • Akathesie (Bewegungsunruhe, still sitzen ist nicht mehr möglich)
  • Parkinson-ähnliche Symptome
  • Müdigkeit
  • verlangsamte Reaktionsfähigkeit
  • Gewichtszunahme
  • sexuelle Funktionsstörungen
  • Störungen am Herzen
  • Störungen der Leber- oder Nierenfunktion
  • Autor

    Mag. Gabriele Vasak

    Medizinjournalistin

    Gabriele Vasak ist seit 2019 freie Journalistin in der DocFinder-Redaktion. Ihr besonderes Interesse liegt schon lange im Bereich der medizinischen Contentproduktion. Im Jahr 2006 wurde sie mit dem Medienpreis für Gesundheitsförderung & Prävention des Fonds Gesundes Österreich ausgezeichnet, und im Jahr 2010 erhielt sie den Pressepreis der Österreichischen Gesellschaft für Neurologie.

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