traurige Frau umarmt sitzend ihre Knie
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Generalisierte Angststörung

Die generalisierte Angststörung (GAS) ist eine Form der Angststörung, bei der anhaltende unrealistische oder übertriebene Angst und Besorgnis bezüglich verschiedener alltäglicher Dinge des Lebens besteht. Welche genauen Symptome auftreten, wie sich die Störung von anderen Angststörungen unterscheidet und welche Therapien helfen, erfahren Sie hier.

Zusammenfassung

Generalisierte Angststörung (GAS, englisch: Generalized Anxiety Disorder GAD)

Definition: Angststörung, bei der lang anhaltend unrealistische oder übertriebene Angst bzgl. alltäglicher Dinge des Lebens besteht.

Symptome: Leitsymptom: generalisierte und anhaltende Angst, die nicht auf bestimmte Situationen beschränkt ist. Einzelsymptome: Sorge über zukünftiges Unglück, Nervosität, Konzentrationsschwierigkeiten, motorische Spannung, körperliche Unruhe, Schwitzen, Herzrasen, Oberbauchbeschwerden, Schwindelgefühle, Mundtrockenheit

Ursachen: genetische, biologische und psychosoziale Faktoren in ihrem Zusammenspiel

Diagnose: Anamnese, körperliche Untersuchung, spezielle Fragebögen

Behandlung: Psychotherapie, Medikamente

Was ist eine generalisierte Angststörung?

Die generalisierte Angststörung (GAS, englisch Generalized Anxiety Disorder – GAD) ist eine häufige und schwerwiegende psychische Erkrankung, die zu den Angststörungen zählt. Im Gegensatz zu anderen Angststörungen, wie beispielsweise Phobien, bei denen die Angst auf bestimmte Objekte oder Situationen begrenzt ist, steht bei der generalisierten Angstörung nicht eine bestimmte Angst im Vordergrund. Stattdessen handelt es sich um anhaltende, übertriebene und unrealistische Sorgen und Ängste, die sich auf viele verschiedene alltägliche Aspekte des Lebens erstrecken – und das selbst dann, wenn es keinen offensichtlichen Grund zur Besorgnis gibt.

Des Weiteren unterscheidet sich die generalisierte Angststörung von anderen Angststörungen wie Panikattacken und Panikstörung insofern, dass die Ängste nicht plötzlich auftreten und wieder verschwinden, sondern chronisch sind und höchstens in ihrer Intensität schwanken. Betroffene können sich in der Regel nur kurzfristig von den Ängsten ablenken oder distanzieren.

Die Ängste können sich auf reale Gefahren beziehen, wie die Sorge vor einem Verkehrsunfall, aber die Wahrscheinlichkeit, dass so etwas passiert, wird oft stark überbewertet, und die Vorstellungen über die negativen Konsequenzen sind drastisch.

In vielen Fällen dehnen sich diese Ängste auf verschiedene Lebensbereiche aus, sodass sie auch finanzielle, berufliche, familiäre, gesundheitliche und allgemeine zukünftige Aspekte betreffen. Oftmals können Betroffene nicht einmal genau benennen, wovor sie sich konkret fürchten.

Ein weiteres charakteristisches Merkmal der generalisierten Angststörung ist das Entwickeln von Vermeidungsverhalten. Das bedeutet, dass Betroffene tendieren, Aktivitäten oder Situationen, die sie als bedrohlich empfinden, aufzuschieben oder zu vermeiden.

Begleitet werden die Ängste von einer anhaltenden körperlichen Anspannung sowie weiteren typischen körperlichen Anzeichen der Angst.

Wie häufig ist die generalisierte Angststörung?

Angststörungen zählen zu den am häufigsten diagnostizierten psychischen Erkrankungen. Etwa vier bis sechs Prozent der Bevölkerung leiden im Laufe ihres Lebens an einer generalisierten Angststörung, wobei Frauen häufiger betroffen sind als Männer.

Welche Symptome treten auf?

Das Leitsymptom ist eine generalisierte und anhaltende Angst, die nicht auf bestimmte Situationen beschränkt ist. Fachleute sprechen hier von frei flottierender Angst. Hinzu kommen in der Regel laut ICD 10 folgende Einzelsymptome:

  • Sorgen über zukünftiges Unglück
  • Nervosität
  • Konzentrationsschwierigkeiten
  • motorische Spannung
  • körperliche Unruhe
  • Spannungskopfschmerz
  • Schwitzen
  • Herzklopfen
  • Magenbeschwerden im Oberbauch
  • Schwindelgefühle
  • Mundtrockenheit

Es ist wichtig zu beachten, dass die meisten Patienten mit generalisierter Angststörung auch andere psychische Erkrankungen haben. Dazu gehören insbesondere weitere Angststörungen, affektive Störungen, Depressionen und Substanzmissbrauch oder -abhängigkeit. Darüber hinaus treten häufig körperliche Beschwerden ohne organische Ursache auf.

Welche Ursachen gibt es?

Die Ursachen der generalisierten Angststörung sind vielschichtig und oft multifaktoriell. Das bedeutet, dass sowohl genetische, biologische als auch psychosoziale Faktoren in Kombination zur Entstehung und Aufrechterhaltung der GAS beitragen.

Es gibt Hinweise auf eine genetische Veranlagung, jedoch wurde kein einzelnes verantwortliches Gen identifiziert, was darauf hindeutet, dass mehrere Gene beteiligt sein könnten. Zusätzlich wurden Unterschiede im Neurotransmittersystem bei Betroffenen im Vergleich zu Gesunden festgestellt, wobei insbesondere der Neurotransmitter Serotonin eine wichtige Rolle zu spielen scheint. Ein eher ängstlicher Erziehungsstil der Eltern könnte ebenfalls die Entstehung einer generalisierten Angststörung begünstigen. Außerdem dürfte ein eher ängstlicher Erziehungsstil der Eltern die Entstehung einer generalisierten Angststörung begünstigen, und auch der drohende Verlust oder die Trennung von einer nahen Bezugsperson sowie der Verlust von sozialer Anerkennung können eine Rolle spielen.

Wer ist der richtige Ansprechpartner?

Patienten mit einer generalisierten Angststörung wenden sich oft zunächst an den Hausarzt, da die Erkrankung oft mit starken körperlichen Symptomen einhergeht, die häufig im Vordergrund stehen. Bei Verdacht auf eine GAS kann der praktische Arzt den Patienten an einen Facharzt für Psychiatrie überweisen.

Wie wird die Diagnose gestellt?

Die genaue Diagnose einer generalisierten Angststörung wird durch eine umfassende Untersuchung gestellt. Der Arzt führt ein ausführliches Anamnesegespräch durch, um die Symptome und den Verlauf der Erkrankung zu verstehen. Darüber hinaus können verschiedene medizinische Tests und Untersuchungen durchgeführt werden, um organische Erkrankungen auszuschließen. Dazu gehören unter anderem Blutuntersuchungen, ein Elektrokardiogramm (EKG) sowie gegebenenfalls Lungenfunktionstests, Magnetresonanztomographie (MRT), Computertomographie (CT) und Elektroenzephalogramm (EEG).

Ein wichtiger Teil der Diagnose sind spezielle Fragebögen, die dazu dienen, die generalisierte Angststörung zu erfassen und von anderen Angststörungen abzugrenzen.

Nach den ICD-10-Kriterien wird eine generalisierte Angststörung diagnostiziert, wenn die Betroffenen mindestens sechs Monate lang an den meisten Tagen unter anhaltender Anspannung, Sorgen und Ängsten im Zusammenhang mit alltäglichen Ereignissen leiden. Zusätzlich müssen mindestens vier der folgenden Symptome vorliegen:

  • Schwitzen, Herzklopfen, Schwindel, Zittern, Mundtrockenheit
  • Atembeschwerden, Beklemmung, Schmerzen, Übelkeit, Magen-Darm-Beschwerden
  • Unsicherheit, Benommenheit, Angst vor Kontrollverlust, Todesangst
  • Hitzewallungen, Kälteschauer, Gefühllosigkeit oder Kribbelgefühle
  • Muskelverspannungen, Ruhelosigkeit, Unfähigkeit zu entspannen, Nervosität, Kloßgefühl oder Schluckbeschwerden
  • erhöhte Schreckhaftigkeit, Konzentrationsschwierigkeiten, Gedankenleere, anhaltende Reizbarkeit, Einschlafstörungen

Wie wird die generalisierte Angststörung behandelt?

Die Therapie der GAS zielt darauf ab, Angstsymptome und Vermeidungsverhalten sowie die Rückfallwahrscheinlichkeit zu reduzieren, die soziale Eingeschränktheit zu verbessern, die Leistungsfähigkeit wiederherstellen und die Lebensqualität zu bessern. Zur Erreichung dieser Ziele werden psychotherapeutische Verfahren und Medikamente eingesetzt.

Die Psychotherapie spielt eine wichtige Rolle, insbesondere die Kognitive Verhaltenstherapie (KVT). Zur Überbrückung oder als begleitende Maßnahme wird auch die KVT-basierte Online-Therapie angeboten. Wenn die KVT nicht den gewünschten Erfolg zeigt, kann die Psychodynamische Psychotherapie in Betracht gezogen werden.

In der medikamentösen Therapie werden vor allem Antidepressiva vom Typ SSRI oder SNRI sowie der Wirkstoff Pregabalin verschrieben. Gelegentlich können auch andere Medikamente wie Quetiapin und Ziprasidon zum Einsatz kommen. Benzodiazepine werden nur in Ausnahmefällen und vorübergehend verschrieben, und ihre Anwendung sollte auf wenige Wochen begrenzt und dann schrittweise abgesetzt werden, um Entzugssymptome zu vermeiden.

Wie verläuft eine generalisierte Angststörung?

Da die GAS oft mit weiteren psychischen Erkrankungen einhergeht, ist die Prognose nicht allzu gut, denn dann kommt es häufiger zu einem chronischen Verlauf. Ein zusätzliches Problem besteht darin, dass viele Betroffene oft jahrelang keine professionelle Hilfe suchen. Allerdings birgt die Nicht-Behandlung der Störung ein hohes Risiko, dass sie lange bestehen bleibt. Am besten sind die Verlaufsaussichten, wenn sie möglichst früh behandelt wird.

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FAQ

Es gibt keinen spezifische Auslöser für eine GAS. Vielmehr geht man davon aus, dass es sich um ein Zusammenspiel von genetischer Veranlagung, biologischen und psychosozialen Faktoren handelt, die zur Entstehung und Aufrechterhaltung der Störung führen.

Die Störung ist prinzipiell heilbar, wenn sie frühzeitig therapiert wird, allerdings kann es oft viele Jahre dauern, bis Betroffene den (richtigen) Arzt aufsuchen, und auch die Behandlung selbst erfordert viel Geduld.

Angststörung ist der Oberbegriff für verschiedene Formen der Störung, zu denen unter anderem Phobien, Panikstörung und generalisierte Angststörung zählen.

Menschen mit einer GAS leiden unter ständiger Angst und Besorgnis über alltägliche Dinge des Lebens – auch dann, wenn es keinen wirklichen Grund dafür gibt. Betroffene können sich in der Regel nur kurzfristig von den Ängsten ablenken oder distanzieren.

  • Autor

    Mag. Gabriele Vasak

    Medizinjournalistin

    Gabriele Vasak ist seit 2019 freie Journalistin in der DocFinder-Redaktion. Ihr besonderes Interesse liegt schon lange im Bereich der medizinischen Contentproduktion. Im Jahr 2006 wurde sie mit dem Medienpreis für Gesundheitsförderung & Prävention des Fonds Gesundes Österreich ausgezeichnet, und im Jahr 2010 erhielt sie den Pressepreis der Österreichischen Gesellschaft für Neurologie.

Falkai P et al (Hg): Duale Reihe Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie. 7. Aufl., Stuttgart: Thieme 2022.

S 3 Leitlinie: Behandlung von Angststörungen. Stand: 6.4. 2021.

https://register.awmf.org/assets/guidelines/051-028k_S3_Behandlung-von-Angststoerungen_2021-06.pdf , Abruf September 2023

Bandelow B et al: Generalisierte Angststörung: Diagnostik und Therapie. Dtsch Arztebl Int 2013; 110(17): 300-10; DOI: 10.3238/arztebl.2013.0300

https://www.aerzteblatt.de/archiv/137451/Generalisierte-Angststoerung, Abruf September 2023

https://www.amboss.com/de/wissen/Angststörungen/, Abruf September 2023

ICD 10 Code: F41.1

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