Arzt hält Aids Schleife hoch
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HIV / Aids – Definition, Übertragung, Verlauf, Therapie

Im Verlauf einer HIV-Infektion wird das Immunsystem stark geschwächt. Von Aids ist die Rede, wenn die Infektion ein sehr fortgeschrittenes Stadium erreicht hat und der Körper sehr für Infektionen und andere Erkrankungen anfällig ist. So weit muss es heute allerdings nicht mehr kommen. Eine HIV-Infektion lässt sich medikamentös zwar nicht heilen, ist inzwischen allerdings gut behandelbar.

Factbox – HIV, Aids

HIV: Human Immunodeficiency Virus, menschliches Immunschwäche-Virus; führt im Verlauf der Infektion zu einer Schwächung des Immunsystems

Aids: Acquired Immune Deficiency Syndrome, erworbenes Immunschwäche-Syndrom; Immunschwächekrankheit, Folge einer HIV-Infektion

Menschen mit HIV/Aids: Weltweit > 36 Millionen*, Österreich: etwa 8.000-9.000

Übertragung: Virushaltige Körperflüssigkeiten (Blut, Sperma, Vaginalsekret; Übertragung auch während der Schwangerschaft und beim Stillen möglich)

Diagnose: Blutuntersuchung

Anlaufstellen: Niedergelassene Ärzte, österreichische Aids-Hilfe u.a.

Behandlung: Individuell abgestimmte medikamentöse Therapie (Kombination mehrerer Wirkstoffe) je nach Virus-Typ, Krankheitsphase, Beschwerdebild, Viruslast und anderen Faktoren, gesunde Lebensweise u.a.; Therapietreue maßgeblich wichtig für den Therapieerfolg

Postexpositionsprophylaxe (PEP): Vorbeugende Gabe von HIV-Medikamenten nach (möglicher) HIV-Exposition (bei Verabreichung innerhalb von 24 Stunden nach Risikokontakt kann eine HIV-Infektion vermieden werden)

Was ist Aids?

Aids steht für „Acquired Immune Deficiency Syndrome“, ins Deutsche übersetzt „erworbenes Immunschwäche-Syndrom“. Es handelt sich um eine Infektionskrankheit, die durch das HI-Virus (HIV) ausgelöst wird. HIV steht für „Human Immunodeficiency Virus“ (menschliches Immunschwäche-Virus).

Fälschlicherweise werden HIV und Aids häufig gleichgesetzt. HIV ist jener Erreger, der zur erworbenen Immunschwäche führt, allerdings leidet längst nicht jeder HIV-positive Mensch unter Aids. Eine HIV-Infektion führt zu Aids, Aids ist sozusagen das letzte Stadium einer HIV-Infektion.

HIV-Übertragung

Die Infektion erfolgt über virushaltige Körperflüssigkeiten, darunter Blut, Sperma und Vaginalsekret. Häufige Infektionswege sind ungeschützter heterosexueller und homosexueller Geschlechtsverkehr sowie Drogenkonsum/die Benutzung nicht steriler Spritzen. Eine weitere mögliche Infektionsquelle sind Bluttransfusionen, aufgrund der hierzulande etablierten Routine-Untersuchungen haben sie jedoch kaum noch Bedeutung. Außerdem ist es möglich, dass das HI-Virus während der Schwangerschaft und Geburt sowie über die Muttermilch auf das Kind übertragen wird. Das bedeutet jedoch nicht, dass HIV-positive Frauen kein gesundes Kind zur Welt bringen können. Durch das Umsetzen und Einhalten bestimmter Maßnahmen können auch HIV-positive Frauen ein gesundes Baby haben.

Das HI-Virus

Das HI-Virus gehört zur Familie der Retroviren. Retroviren sind Viren, die imstande sind ihr Genom in das Genom einer Wirtszelle einzubauen. Wie andere Viren benötigen Retroviren einen Wirtsorganismus, um sich zu vermehren.

  • Genom: Die Gesamtheit aller Gene, die in einem vollständigen Chromosomensatz – bei Viren in der Nukleinsäure – enthalten sind, also das Erbgut eines Lebewesens oder Virus.
  • Wirt: Ein Wirt dient einem anderen Organismus als vorübergehender oder dauerhafter Lebensraum.

Um sich zu vermehren, baut das HI-Virus sein RNA-Genom in das Genom der Wirtszelle ein, woraufhin diese beginnt Virus-Proteine und vom Virus benötigte Enzyme zu produzieren. Das Virus integriert also sein Erbgut in jenes der Wirtzelle, welche dadurch so „umprogrammiert“ wird, dass sie nun selbst die Bestandteile für neue Viruspartikel produziert. Das HI-Virus verfügt über gp120, ein spezielles Oberflächenprotein. Dieses Oberflächenprotein des HIV ist imstande eine Bindung mit den sogenannten CD4-Rezeptoren einzugehen. Zur Vermehrung benötigt das Virus also Körperzellen mit CD4-Rezeptor auf der Oberfläche. Das sind vor allem die CD4-tragenden T-Lymphozyten (T-Helferzellen, CD4-Lymphozyten), die in unserem Körper für die Antikörperbildung zuständig sind und eine sehr wichtige Rolle in Bezug auf die Immunabwehr spielen – je weniger funktionsfähige CD4-Lymphozyten, desto schwerer die Beeinträchtigung des Immunsystems. Das HI-Virus zerstört einen Teil der Zellen und beeinträchtigt deren Funktion. Mit der Zeit sinken die Zahl und Funktionsfähigkeit der T-Helferzellen, das Immunsystem wird immer weiter geschwächt und kann den Körper zunehmend weniger schützen, wodurch sich der Gesundheitszustand unbehandelt drastisch verschlechtern kann.

Verlauf

Eine HIV-Infektion verläuft in mehreren Phasen und führt schließlich zu Aids. Aids ist sozusagen das Vollbild der Krankheit. Es ist also eine falsche Annahme, dass ein Mensch sofort bzw. automatisch an Aids erkrankt, wenn er sich infiziert und das HI-Virus in den Körper eindringt. Die klinische Diagnose „Aids“ wird gewöhnlich dann gestellt, wenn die Zerstörung des Immunsystems ein gewisses Ausmaß erreicht hat.

Infiziert man sich mit dem HI-Virus, dann komm es zunächst zu einer Abwehrreaktion des Körpers, wobei die gebildeten Antikörper aus verschiedenen Gründen nicht imstande sind das Virus zu eliminieren. In dieser frühen Phase kommt es zu einer starken Vermehrung des Virus, mögliche Symptome sind Kopf- und Gelenkschmerzen, Fieber, Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Appetitverlust, Entzündungen (z.B. im Mundraum und Rachen) und andere allgemeine Beschwerden. Nicht selten verläuft diese Phase von Betroffenen auch unbemerkt. Nach einigen wenigen Wochen pendelt sich die Situation sozusagen ein, die Beschwerden klingen ab und die Zahl der T-Helferzellen stabilisiert sich. Es kommt zur Latenzphase, in welcher das Immunsystem täglich damit beschäftigt ist sich mit den HI-Viren auseinanderzusetzen, was über einen bestimmten Zeitraum zumeist auch ganz gut gelingt – die Immunabwehr kann das Virus weitgehend „in Schach“ halten, Betroffene sind also zumeist weitgehend frei von Krankheitserscheinungen (Stadium A).

Irgendwann jedoch, ohne entsprechende Behandlung nach etwa zehn Jahren*, ist die körpereigene Abwehr der Herausforderung immer weniger gewachsen, die Zahl der T-Helferzellen sinkt, die Viruslast steigt. Die Krankheit geht in eine symptomatische Phase über (Stadium B, Vorstufe der Aids-Erkrankung), wobei es zu Fieber, Lymphknotenschwellungen, Nachtschweiß, Durchfall und/oder anderen Beschwerden kommen kann. Nicht selten sind auch Mundhöhlenpilz, Hauterscheinungen oder die Reaktivierung einer anderen Infektion (z.B. Gürtelrose). Liegt ein gewisser Grad der Zerstörung des Immunsystems vor, dann wird die klinische Diagnose Aids gestellt (Stadium C). Ein Maß für die Immunsystemzerstörung ist die Zahl der T-Helfer-Zellen im Blut.

Das Immunsystem ist dann so weit geschwächt, dass es Erreger, die bei einem gesunden Menschen in der Regel keine Gefahr darstellen nicht mehr abwehren kann. Es kommt zur Entwicklung von opportunistischen (bei Immunschwäche auftretenden) Infektionen/AIDS-definierten Erkrankungen. Hierzu zählen u.a. eine bestimmte Form der Lungenentzündung, bestimmte Virusinfektionen (Herpes simplex, Herpes zoster), Pilzerkrankungen und Tuberkulose, außerdem ist das Risiko für bestimmte Krebserkrankungen erhöht. Auch das Nervensystem und Gehirn werden geschädigt.

Diagnose

Jeder Mensch sollte seinen HIV-Status kennen. Einerseits, da eine frühzeitige Diagnose den Behandlungsverlauf und die Prognose wesentlich verbessern kann, andererseits, um die Ansteckung auf andere zu verhindern. Insbesondere wenn man sich in eine Risikosituation einer möglichen HIV-Ansteckung begeben hat oder in eine solche geraten ist, sollte man sich unbedingt testen lassen. Die Diagnose „HIV-positiv“ oder „HIV-negativ“ wird mittels Blutuntersuchung gestellt. HIV-Testverfahren sind u.a. der ELISA (Enzyme-linked Immunosorbent Assay)-Test (vorrangiges Testverfahren), der Western-Blot-Test, der PCR (Polymerasekettenreaktion)-Test und der HIV-Schnelltest. Es gibt verschiedene Anlaufstellen, um sich testen zu lassen, darunter u.a. niedergelassene Ärzte, medizinische Labors und die österreichische AIDS-Hilfe.
Ist der Test positiv, dann bedeutet das, dass mittels gängiger HIV-Testverfahren HIV-Antikörper im Blut nachgewiesen werden konnten, die betroffene Person hat sich also mit dem Virus infiziert und kann es auch auf andere Menschen übertragen. Die Diagnose „HIV-positiv“ bedeutet nicht automatisch, dass die betroffene Person bereits an Aids erkrankt ist. Ein HIV-Test sollte frühestens drei bis sechs Wochen nach einer möglichen Ansteckung erfolgen, ist das Ergebnis negativ, dann sollte der Test nach drei Monaten wiederholt werden. Grund hierfür ist, dass die Produktion von Antikörpern bis zu sechs Wochen dauern kann. Wenn man also sicher davon ausgehen möchte, dass man sich nicht angesteckt hat, dann sollte es in den letzten sechs Wochen keinen Risikokontakt gegeben haben (diagnostisches Fenster). Mit dem PCR-Test steht ein Testverfahren zur Verfügung, mit welchem das diagnostische Fenster verkürzt werden kann.

Behandlung

Neue Erkenntnisse und Entwicklungen haben in den letzten Jahren dazu beigetragen, das HIV heute medikamentös gut behandelt werden kann. Dank heute verfügbarer Therapien ist es möglich, die Lebenserwartung und Lebensqualität Betroffener deutlich zu verbessern. Eine Heilung der Infektion mit Medikamenten ist nicht möglich, dank der mittlerweile verfügbaren Therapien ist es allerdings möglich, dass es bei vielen HIV-positiven Menschen nicht zum Ausbruch von Aids kommt.

Die medikamentöse Therapie zielt drauf ab die Symptome zu mildern, das Immunsystem zu stabilisieren und einem Übergang in ein nächstes Krankheitsstadium entgegenzuwirken, ferner soll auch der Grad der Infektiösität (Möglichkeit der Ansteckung anderer) verringert werden. Für die sogenannte (hochaktive) antiretrovirale Therapie (HAART, ART) steht eine ganze Reihe von Medikamenten (Reverse-Transkriptase-Hemmer (RTI), Protease-Inhibitoren (PI), Integrase-Inhibitoren (INI), Fusions-Inhibitoren (FI) u.a.) zur Verfügung, welche u.a. die Virusvermehrung eindämmen. Zur Anwendung kommt eine Kombination von mehreren Wirkstoffen. Eine derartige Kombination ist wichtig um einer Resistenzentwicklung vorzubeugen. Im Vergleich zu früheren Medikamenten konnte die Verträglichkeit bei modernen HIV-Medikamenten deutlich verbessert werden.

Die HIV-Therapie wird auf jeden Patienten individuell abgestimmt, wobei bei der Behandlungsplanung und Therapieentscheidung viele Kriterien zu berücksichtigen sind (genauer Virus-Typ, Symptome/Beschwerdebild, Krankheitsphase, Zahl der verbleibenden T-Helferzellen, Viruslast, Begleiterkrankungen, mögliche Nebenwirkungen der HIV-Behandlung u.a.). Besonders wichtig ist es, dass Patienten die Therapie regelmäßig und dauerhaft einnehmen. Die HIV-Therapie ist eine lebenslange Therapie, die konstant eingenommen werden muss, die Therapietreue ist also maßgeblich wichtig für den Behandlungserfolg. Bei einer nicht konsequenten/fehlerhaften Einnahme verliert die Therapie ihre Wirksamkeit. Bei einer kontinuierlich richtigen Einnahme der Therapie wird das Virus unterdrückt und das Fortschreiten der Krankheit, die Entwicklung von Folgeerkrankungen und der Ausbruch von Aids können verhindert werden.

Abseits der medikamentösen Behandlung können Betroffene durch unterschiedliche Maßnahmen selbst viel für ihre Gesundheit tun. Hierzu zählen die Anpassung des Lebensstils (gesunder Lebensstil; Bewegung, ausgewogene und das Immunsystem unterstützende Ernährungsweise, ausreichend Schlaf, Verzicht auf Nikotin, Alkohol und Drogen, Stressreduktion/ausreichend Entspannung) und das Einhalten wichtiger Hygienemaßnahmen (regelmäßiges Händewäschen, Achtsamkeit beim Umgang mit (Haus-)Tieren, gründliches Waschen von Obst und Gemüse, Verzicht auf rohe Eier, rohes Fleisch, rohen Fisch und andere Lebensmittel, die möglicherweise Krankheitserreger enthalten etc.). Außerdem wichtig sind bestimmte Schutzimpfungen, das Einhalten ärztlicher Anweisungen und Kontrolltermine, die rechtzeitige Behandlung etwaiger Begleiterkrankungen u.v.m. Betroffene sollten sich einen Vertrauensarzt suchen, entsprechende Beratungsstellen aufsuchen und sich ausreichend über die Krankheit, das Leben mit HIV, Selbsthilfe- und Unterstützungsmaßnahmen informieren.

 

  • Autor

    Katharina Miedzinska, MSc

    Medizinjournalistin

    Katharina Miedzinska-Baran ist eine freie Medizinjournalistin, Biologin und Diätologin mit umfangreicher Expertise in der Erstellung medizinischer Inhalte sowie großem Interesse an Gesundheitsthemen.

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