Tinnitus
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Tinnitus – Ursache, Symptome, Diagnose, Behandlung

Piepen, Pfeifen, Rauschen - bei einem Tinnitus (Ohrensausen, Ohrenklingeln) werden bestimmte Ohrgeräusche wahrgenommen, die nicht auf eine äußere Schallquelle zurückzuführen sind. Ohrenklingeln ist weit verbreitet, viele Menschen hatten schon mal einen Tinnitus oder leiden immer wieder unter den teils sehr störenden Ohrgeräuschen. Welche Ursachen diese haben und wie sie sich genau äußern können und wie ein Tinnitus diagnostiziert und behandelt wird, lesen Sie hier.

Factbox – Tinnitus 

Tinnitus (Ohrensausen, Ohrenklingeln): Subjektive oder objektive Wahrnehmung eines Tones/Geräusches ohne akustische Stimulation von außen

Akuter Tinnitus: Bis drei Monate nach Auftreten

Chronischer Tinnitus: Ab drei Monaten

Objektiver Tinnitus: Auf körpereigene Schallquelle im Ohr/in der Nähe des Ohres zurückzuführen (z. B. Atemgeräusche, Strömungsgeräusche), auch für den Untersucher hör- und messbar

Subjektiver Tinnitus: Ohrgeräusche, die nur von Betroffenen wahrgenommen werden

Subjektiver Tinnitus – mögliche Ursachen: Länger anhaltender/dauerhafter Lärm, Lärmtrauma, Ohrenschmalz, Einnahme bestimmter das Hörsystem beeinflussender Medikamente, Stress und emotionale Belastungen, Schwerhörigkeit, Mittel- und Innenohrerkrankungen, Hörsturz, internistische Erkrankungen, Probleme im Bereich der HWS u. a.

Symptome: Wahrnehmung von Piepen, Kreischen, Brummen, Summen, Klingeln, Rattern, Pfeifen, Surren, Zischen, Rauschen, Knacken oder Ohrgeräuschen anderen Charakters; die Geräusche können wiederkehrend oder anhaltend und von unterschiedlicher Lautstärke und Intensität sein

Diagnose: Anamnese, Ohrmikroskopie, Hörtests, Gleichgewichtsüberprüfung und andere Untersuchungen (je nach Verdacht und individueller Situation)

Behandlung: Abhängig von Form, Ursache, Dauer und Schwere des Tinnitus und anderen Faktoren; durchblutungsfördernde und entzündungshemmende Medikamente, physikalisch-medizinische Maßnahmen, Krankengymnastik, kieferorthopädische Maßnahmen, Stressabbau, Entspannungsmethoden, Beratung und Schulung, Habituationstraining, psychotherapeutische Verfahren, Tinnitus-Retraining, Tinnitus-Noiser u. a.

Vorbeugende Maßnahmen: Allgemeinmaßnahmen wie Lärmschutz, ausreichende Flüssigkeitszufuhr, Stressabbau und gesunde Lebensweise

Was ist ein Tinnitus?

Der Begriff Tinnitus bezeichnet verschiedene Ohrgeräusche, die nicht durch ein äußeres Schallereignis ausgelöst werden. Die Geräuscheindrücke werden also sozusagen im Betroffenen selbst verursacht. Sie treten häufig plötzlich auf, können anhaltend oder wiederkehrend sein und äußern sich z. B. in Form eines Pfeifens, Klingelns, Brummens, Zischens oder Rauschens. Der genaue Charakter der Ohrgeräusche, ihre Lautstärke und Intensität können individuell sehr verschieden sein.

Formen und Ursachen

Unterschieden wird grundsätzlich zwischen dem objektiven und dem subjektiven Tinnitus. Bei Ohrgeräuschen, die über drei Monate bestehen ist von einem chronischen Tinnitus die Rede, davor von akuten Ohrgeräuschen bzw. einem akuten Tinnitus. Weiters wird unterschieden zwischen Tinnitus mit und ohne Hörstörung.

Objektiver Tinnitus

Bei einem objektiven Tinnitus sind die Geräuscheindrücke auf eine körpereigene Schallquelle im oder in der Nähe vom Ohr zurückzuführen. Die Schallaussendungen / Geräuscheindrücke werden nicht nur von Betroffenen gehört, sondern sind ebenso für den untersuchenden Arzt mess- und hörbar. Mögliche Ursachen für einen objektiven Tinnitus sind Atemgeräusche, Strömungsgeräusche von Blutgefäßen bzw. des Blutes, muskelbedingte Geräusche (z. B. unwillkürliche Muskelzuckungen im Bereich vom Mittelohr), Bewegungen der Ohrtrompete u. a.

Subjektiver Tinnitus

Im Gegensatz dazu kommt es bei einem subjektiven Tinnitus zu Ohrgeräuschen, die nur von Betroffenen wahrgenommen werden können. Ein subjektiver Tinnitus tritt wesentlich häufiger auf als die objektive Form. Die Liste an möglichen Ursachen und Risikofaktoren für einen subjektiven Tinnitus ist sehr lang und umfasst:

  • Länger anhaltender oder dauerhafter Lärm, Lärmtrauma (z. B. bei einem Konzert, auf einer Baustelle, durch einen Alarm, Knalltrauma aufgrund eines platzenden Reifens oder einer anderen sehr lauten Quelle, Explosionstrauma etc.)
  • Ohrenschmalz
  • Das Hörsystem beeinflussende Medikamente, ototoxische Medikamente (bestimmte Antibiotika, Diuretika (harntreibende Mittel), Chemotherapeutika, NSAIDs (z. B. höhere Dosen von Acetylsalicylsäure), Anti-Malaria-Medikamente u. a.)
  • Stress, Ängste, Überforderung, emotional belastende Situationen
  • Schwerhörigkeit
  • Mittel- und Innenohrerkrankungen (z. B. Mittelohrentzündung, Mittelohrerguss, Otosklerose (überschießende Knochenbildung/Verknöcherung des knöchernen Labyrinths mit Auswirkungen auf Mittel-/Innenohr), Verletzungen des Trommelfells, Tubenfunktionsstörungen, Hörsturz u. a.)
  • Morbus Menière (mit Schwindel, Hörminderung, Tinnitus und anderen Symptomen einhergehende Erkrankung des Innenohrs)
  • Veränderte Druckverhältnisse im Ohr (z. B. nach einem Flug oder Tauchgang)
  • Andere Erkrankungen (z. B. Multiple Sklerose, Meningitis, Bluthochdruck, Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes mellitus, Schilddrüsenerkrankungen u. a.)
  • Störungen und Probleme im Bereich der Halswirbelsäule (HWS)
  • Zahn- und Kieferprobleme
  • U. a.

Wie genau ein subjektiver Tinnitus entsteht ist noch nicht vollständig geklärt, manche der oben angeführten möglichen Ursachen gelten als umstritten bzw. sind nicht gesichert und werden als mögliche Auslöser diskutiert. Zusammengefasst sind die Ohrgeräusche häufig Folge einer fehlerhaften Informationsbildung und/oder Informationsverarbeitung im Bereich vom Hörsystem. Ist die Ursache unklar, ist von einem idiopathischen Tinnitus die Rede.

Symptome

Auf welche Weise und mit welcher Intensität die Ohrgeräusche wahrgenommen werden, wie häufig sie auftreten und wie lange sie bestehen kann individuell sehr verschieden sein. Bei den Ohrgeräuschen kann es sich beispielsweise um ein Piepen, Kreischen, Brummen, Summen, Klingeln, Rattern, Pfeifen, Surren, Zischen, Rauschen oder Knacken handeln. Die Geräusche in den Ohren können dabei konstant die gleiche Intensität haben, in einem bestimmten Rhythmus an- und abklingen oder einen pulsierenden Charakter haben.

Die Ohrgeräusche sind nicht gefährlich, unter Umständen können sie Betroffene jedoch stören bzw. eine Belastung darstellen und zu verschiedenen Störungen und Beschwerden führen, darunter z. B. Konzentrationsstörungen, Schlafstörungen, Verspannungen, Probleme beim “Abschalten“ und Entspannen, Müdigkeit, Erschöpfung, Kopfschmerzen u. a. In manchen Fällen wird der Tinnitus auch zu einer dauerhaften Belastung, die zu einer Einschränkung in verschiedenen Lebensbereichen und zu einer merklichen Beeinträchtigung der Lebensqualität führt.

Die Auflistung der hier angeführten Symptome dient dem Überblick und kann unvollständig sein. Im Zweifelsfall oder bei Verdacht auf eine Störung/Erkrankung sollte stets das ärztliche Gespräch gesucht werden.

Diagnose

In vielen Fällen ist ein Tinnitus vorübergehend und die Ohrgeräusche klingen nach einiger Zeit wieder ab. Treten die Ohrgeräusche immer wieder auf oder bleiben sie über zwei, drei Tage bestehen, dann sollte ein Arzt aufgesucht werden, um das Ohrensausen abklären zu lassen. Da die Ohrgeräusche auch Anzeichen für eine Erkrankung im Bereich der Ohren oder für andere Erkrankungen und Störungen sein können, ist eine Abklärung im Fall eines öfter wiederkehrenden oder bestehenden Tinnitus ratsam. Ansprechpartner sind der Arzt für Allgemeinmedizin und der Hals-Nasen-Ohren-Arzt (HNO-Arzt).

Zu Beginn der Abklärung steht die Anamnese, im Rahmen welcher sich der Arzt u. a. nach den genauen Umständen der Geräuschwahrnehmungen erkundigt. Fragen darüber, seit wann der Tinnitus besteht, wann, in welchen Situationen und wie häufig er auftritt, ob mögliche Auslöser bekannt sind, wie sich die Ohrgeräusche genau äußern/welchen Charakter sie haben, ob sich die Geräusche verändern oder gleichbleiben, wie belastend sie sind und weitere Angaben helfen dem Arzt, in Kombination mit der Krankengeschichte, sich ein genaueres Bild über den Tinnitus zu verschaffen.

Anschließend kann der HNO-Arzt verschiedene Untersuchungen durchführen/veranlassen, darunter eine Ohrmikroskopie, bei welcher das Ohrinnere untersucht wird, verschiedene Hörtests (Audiometrie/Ton- und Sprachhörtests) und Gleichgewichtsüberprüfungen. Weitere mögliche Untersuchungen sind z. B. das Tympanogramm (Untersuchung zur Beurteilung der Beweglichkeit des Trommelfells), die Nasopharyngoskopie (Spiegelung des Nasen-Rachen-Raums), Tinnitus-Matching und -Masking (Bestimmung der Frequenz und Lautstärke des Tinnitus-Tones, Ermittlung, ob und mit welchen Frequenzen der Tinnitus verdeckt/maskiert werden kann) und weiterführende Hörtests (z. B. Hirnstammaudiometrie zur Überprüfung der Funktion des Hörnervs/Untersuchung der bei der Verarbeitung von Hörreizen stattfindenden Nervenreaktionen).

Wie sich die Abklärung genau gestaltet richtet sich ganz nach den Umständen der Geräuschwahrnehmungen, der Krankengeschichte des Patienten, dem Verdacht und weiteren individuellen Faktoren. Da dem Tinnitus auch andere körperlichen/psychischen Probleme und Störungen und Erkrankungen außerhalb des Hörsystems zugrunde liegen können, können noch weitere Untersuchungen wie z. B. Blutuntersuchungen, Blutdruckmessungen, Ultraschall- und andere bildgebende Untersuchungen sowie der Einbezug von anderen Fachärzten und Therapeuten (z. B. Facharzt für Innere Medizin, Orthopädie oder Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, Psychotherapeuten etc.) im Rahmen von Abklärung und Therapie sinnvoll/notwendig sein.

Behandlung

Die Therapie hängt von der Form des Tinnitus, dessen Ursachen, Dauer, Schwere und anderen Faktoren ab und wird individuell erstellt.

Akuter Tinnitus: Mögliche Behandlungsmaßnahmen bei einem akuten Tinnitus (bis drei Monate nach dem Auftreten) sind durchblutungsfördernde oder entzündungshemmende Medikamente, physikalisch-medizinische Maßnahmen und Krankengymnastik (wenn der Tinnitus auf Probleme im Bereich der HWS zurückzuführen ist), kieferorthopädische Behandlungsmaßnahmen (wenn der Tinnitus mit Zahn- und Kieferfehlstellungen zusammenhängt), Entspannungsmethoden/Maßnahmen zum Stressabbau u. a.

Chronischer Tinnitus: Durchblutungsfördernde Medikamente können auch bei der Behandlung eines chronischen Tinnitus (ab drei Monaten) zum Einsatz kommen. Außerdem wichtig sind die Beratung und Schulung des Betroffenen bzw. ein sogenanntes Habituationstraining (Training zur Gewöhnung an den Tinnitus), welches darauf abzielt, dass der Tinnitus nicht mehr als Belastung wahrgenommen wird. Durch eine entsprechende Beratung und Schulung und das Habituationstraining werden Betroffene dabei unterstützt, Wege zu finden, um mit den anhaltenden Ohrgeräuschen besser umgehen zu können und diese zu bewältigen anstatt von ihnen überwältigt zu werden. Unter Umständen können eine psychologische Betreuung und psychotherapeutische Verfahren wie kognitive Verhaltenstherapie sinnvoll sein.

Da der Tinnitus durch Stress verstärkt werden kann, sind auch Stressabbau und regelmäßige Entspannung sehr wichtig. Mögliche Maßnahmen, Methoden und Techniken, die helfen können zu entspannen und das Stresslevel zu senken sind autogenes Training, progressive Muskelentspannung nach Jacobsen, Meditation, Yoga, Tai-Chi, Spazierengehen, körperliche Aktivität u. a.

Eine weitere Behandlungsmaßnahme besteht im Tinnitus-Retraining. Im Rahmen der Therapie lernen Betroffene die bewusste Wahrnehmung des Tinnitus zu modifizieren und die Geräuschwahrnehmungen entsprechend zu filtern. Zum Einsatz kommen kann auch ein sogenannter Tinnitus-Noiser, durch welchen die Geräuschempfindungen “umspült“ werden und ihre dominante Bedeutung verlieren. Im Fall eines Tinnitus, der mit einer Hörstörung einhergeht können entsprechende Hörgeräte zum Einsatz kommen. Neben diesen gibt es noch weitere Behandlungsmaßnahmen, deren Wirksamkeit teils jedoch nicht belegt ist. Sind bestimmte Erkrankungen die Ursache für den Tinnitus, dann steht die Behandlung dieser im Mittelpunkt. In manchen Fällen kann es helfen, komplette Stille zu meiden (z. B. durch das Abspielen von leiser angenehmer Musik), sodass die Geräuschwahrnehmungen weniger auffallen. Ferner sind Gelassenheit und das Annehmen einer entsprechenden inneren Einstellung gegenüber den Ohrgeräuschen wichtige Maßnahmen der Selbsthilfe. Auch wenn es nicht einfach ist: Je entspannter und gelassener die innere Haltung, desto leichter kann es fallen, die Ohrgeräusche nach und nach “auszublenden“.

  • Autor

    Katharina Miedzinska, MSc

    Medizinjournalistin

    Katharina Miedzinska-Baran ist eine freie Medizinjournalistin, Biologin und Diätologin mit umfangreicher Expertise in der Erstellung medizinischer Inhalte sowie großem Interesse an Gesundheitsthemen.

Boecking B. et al.; Tinnitus: psychosomatische Aspekte, HNO 2/2019, Springer Medizin Verlag GmbH

Hesse G.; Tinnitus – Grundlagen einer sinnvollen Therapie, MMW – Fortschritte der Medizin 18/2017, Springer Medizin Verlag GmbH

Stattrop U. et al.; Therapieziel: Tinnitusbelastung reduzieren, Deutsches Ärzteblatt 35-36/2013, Deutscher Ärzteverlag GmbH

Kreuzer P.M. et al.; Chronischer Tinnitus – eine interdisziplinäre Herausforderung, Deutsches Ärzteblatt 16/2013, Deutscher Ärzteverlag GmbH

Bas H.; Sind wir gegen Tinnitus machtlos? – Psychotherapeutika können eine sinnvolle Ergänzung sein, ARS Medici 4/2004, Rosenfluh Publikationen AG

Hausotter W.; Tinnitus – neurologische und psychosomatische Aspekte, ARS Medici 4/2004, Rosenfluh Publikationen AG

Hörtraining und Verhaltenstherapie machen Tinnitus erträglicher, Deutsches Ärzteblatt, 25.05.2012, URL: https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/sw/Tinnitus?nid=50324

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