Foto eines Kindes das direkt in die Kamera blickt
sharon-mccutcheon-YIjgPO1nLmY-unsplash

Depression bei Kindern

Auch Kinder und Jugendliche können an Depressionen erkranken. Allerdings zeigen sich bei ihnen oft andere Symptome als bei Erwachsenen, und sie haben auch ein erhöhtes Rückfallrisiko. Dennoch ist die Erkrankung auch bei den kleinen Patienten mit Psychotherapie und in Einzelfällen mit Antidepressiva gut behandelbar.

Factbox – Depression bei Kindern

Depression bei Kindern, kindliche Depression

Definition Depression: psychische Störung mit Symptomen wie gedrückte Stimmung, Interesselosigkeit, Antriebslosigkeit über einen längeren Zeitraum; zusätzlich häufig vielfältige körperliche Symptome und hoher Leidensdruck

Ursachen: genetisch-biologisch, psycho-sozial

Symptome, typisch kindliche: altersabhängig, je jünger das Kind desto unterschiedlicher zum Erwachsenen, z.B. Spielunlust, aggressives oder regressives Verhalten, Traurigkeit, Bauchschmerzen,…

Diagnose: (Familien)Anamnese, körperliche Untersuchung, neurologische Untersuchung, Depressionsfragebögen, nonverbale Methoden

Behandlung: Psychoedukation, Psychotherapie, ggf. Antidepressiva

Was sind Depressionen bei Kindern und Jugendlichen?

Kinder sind keine kleinen Erwachsenen. Dennoch können auch sie eine Depression entwickeln, und das nicht selten. In der wissenschaftlichen Literatur wird berichtet, dass junge Menschen bis zu 8,9 Prozent von depressiven Erkrankungen betroffen sind. Das bedeutet auch, dass Depressionen zu den häufigsten psychischen Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen zählen, und sie können sich als leichte depressive Verstimmungen äußern, aber auch als schwere Depressionen. Wichtig zu wissen ist auch, dass sich die Symptome der Depression bei den kleinen Patienten von denjenigen bei Erwachsenen unterscheiden können, und: Kinder können über ihr Seelenleben oft noch nicht so gut berichten.

Daher zeigt sich eine Depression bei ihnen eher durch ein verändertes Verhalten, etwa durch Spielunlust, schnelle Entmutigung, verminderten oder gesteigerten Appetit oder in verminderter Mimik und Gestik. Oft verbirgt sich die Depression bei ihnen auch hinter scheinbar rein körperlichen Beschwerden wie Bauchweh oder Kopfschmerzen. Zudem kommt es häufig vor, dass die Depression von weiteren psychischen Erkrankungen wie etwa Essstörungen, ADHS oder Angststörungen begleitet wird. Was noch hinzukommt ist, dass viele Kinder und Jugendliche im Lauf ihrer Entwicklung Phasen des „Deprimiertseins“ oder einer schlechten Stimmung erleben und dass dies für die Eltern wie auch für Fachleute oft nicht leicht von einer echten Depression abzugrenzen ist. Und: Kinder, die an einer Depression leiden, haben im Vergleich zu Erwachsenen ein erhöhtes Rückfallrisiko.

Dennoch ist die Depression auch bei ihnen gut behandelbar, wobei Medikamente (Antidepressiva) nicht so häufig wie bei Erwachsenen zum Einsatz kommen sollen, da die meisten dieser Substanzen bei Minderjährigen altersspezifische Nebenwirkungen wie das so genannte Aktivierungs-Syndrom haben, und das kann zu einer erhöhten Suizidalität führen.

Wichtig für Eltern ist, „schlechte“ Phasen ihrer Kinder ernst zu nehmen, sie zu beobachten, Hilfe und Begleitung anzubieten und sich an einen Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie oder eine Kinder- und Jugendpsychotherapeutin zu wenden.

Depression bei Kindern – welche Ursachen gibt es?

Eine Depression entsteht aus einem Zusammenspiel von genetisch-biologischen und psycho-sozialen Faktoren, und diese beeinflussen auch den Verlauf der Erkrankung. Vor allem bei schweren und früh beginnenden Depressionen dürften genetische Ursachen eine wichtige Rolle spielen, und zudem weiß man heute, dass ein Mangel der Botenstoffe Serotonin, Noradrenalin und Dopamin im Gehirn die Entwicklung und den Verlauf einer Depression mitbestimmen. Weiters können ungünstige psychische und soziale Faktoren die Depression beeinflussen.

Das sind zum Beispiel:

  •  fehlende positive Erlebnisse
  • ein negatives Selbst-, Umwelt- und Zukunftsbild
  • die Überzeugung, dass man Ereignisse nicht selbst beeinflussen kann
  • belastende Lebensereignisse (z.B. Tod von Mutter oder Vater, Missbrauch, Konflikte zwischen den Eltern)
  • ungünstige Beziehungsmuster (z.B. Eltern, die ihrem Kind wenig Zuneigung zeigen, häufige Konflikte)
  • Probleme mit Peers
  • Schulschwierigkeiten

Depression bei Kindern und Jugendlichen – was sind typische Symptome?

Kinder und Jugendliche leiden im Lauf ihrer Entwicklung immer wieder unter traurigen, niedergeschlagenen oder verzweifelten Stimmungen. Wenn diese Stimmungen länger andauern und stärker als normal sind, sollte man auch an eine Depression denken. Das sollte man auch, wenn das Kind sich anders verhält als sonst. Was die genaue Symptomatik betrifft, so gibt es altersabhängig unterschiedliche Symptome.

Das sind:

bei Kindern unter eins und bis zu drei Jahren (Säugling und Kleinkind):

  • traurig wirken
  • ausdrucksarmes Gesicht
  • erhöhte Reizbarkeit
  • selbststimulierendes Verhalten (z.B. übermäßiges Daumenlutschen, Schaukeln des Körpers)
  • Teilnahmslosigkeit
  • Spielunlust
  • Spielen mit reduzierter Kreativität und Ausdauer
  • gestörtes Essverhalten
  • Schlafstörungen

bei Kindern im Vorschulalter (drei bis sechs Jahre): 

  • trauriges Gesicht
  • verminderte Gestik und Mimik
  • leichte Irritierbarkeit, Stimmungslabilität
  • mangelnde Fähigkeit, sich zu freuen
  • weniger Interesse an Bewegung
  • nach innen gekehrtes oder aggressives Verhalten
  • verändertes Essverhalten mit Gewichtsverlust oder Gewichtszunahme
  • Schlafstörungen (z.B. Albträume, Probleme beim Ein- und Durchschlafen)

 bei Kindern im Schulalter:

  • verbale Berichte über Traurigkeit
  • Schulleistungsstörungen
  • Gefühl, von den Eltern nicht genügend beachtet zu werden
  • suizidale Gedanken

bei Kindern in Pubertät und Jugendalter:

  • depressive Symptome wie in den Diagnosekriterien
  • weniger Selbstvertrauen
  • Ängste, Konzentrationsschwierigkeiten, Gleichgültigkeit
  • Leistungsstörungen
  • tageszeitabhängige Befindlichkeitsschwankungen
  • psychosomatische Beschwerden (z.B. Bauchschmerzen, Kopfschmerzen)
  • Suizidhandlungen

Die Experten verweisen auch darauf, dass eine kindliche Depression meist einen kürzeren Verlauf hat als eine Depression bei Erwachsenen. Oft kommt es auch zu einer vollständigen Remission (Rückbildung), aber depressive Jugendliche haben häufiger Rückfälle als Erwachsene, und die Betroffenen tragen ein erhöhtes Risiko, auch später, wenn sie erwachsen sind, unter Depressionen zu leiden.

Wichtig zu wissen ist weiters, depressive Kinder und Jugendliche durch die Erkrankung bei vielen altersgemäßen Spielen oder Treffen nicht mitmachen können und soziale Kontakte sich dadurch verringern. Deshalb kann es mitunter zu Verzögerungen in der Entwicklung kommen, und manche depressiven Jugendlichen greifen aufgrund ihrer Erkrankung auch zu Alkohol und Drogen, was die  depressive Symptomatik weiter befördern kann.

Welche weiteren psychischen Störungen können gleichzeitig auftreten?

Wenn ein Kind oder Jugendlicher depressiv ist, kommt es oft auch zum Auftreten weiterer psychischer Störungen. Bis zu 75 Prozent der jungen Menschen, die depressiv sind, leiden auch an Angststörungen, bis zu 50 Prozent an einer Störung des Sozialverhaltens, und etwa 25 Prozent missbrauchen Alkohol oder Drogen. Auch psychosomatische Störungen, Zwangsstörungen, Essstörungen oder die Aufmerksamkeits-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) treten bei Kinder und Jugendlichen oft gleichzeitig mit einer Depression auf.

Wie kann man eine Depression bei Kindern und Jugendlichen diagnostizieren?

Da die Symptome einer Depression vor allem bei jüngeren Kindern oft nicht eindeutig sind, ist es wichtig, dass sich die Eltern bezüglich Diagnostik und professionelle Hilfe an einen Kinder- und Jugendpsychiater oder eine Kinder- und Jugendpsychotherapeutin wenden. Er oder sie wird ein ausführliches Anamnesegespräch mit dem Kind und den Eltern führen, um Symptome, Entwicklung und Belastungsfaktoren in der Familie zu explorieren. Oft kommen dabei neben Depressionsfragebögen auch nonverbale Methoden wie etwa Zeichnen oder projektive Verfahren wie der Satzergänzungstest zum Einsatz. Eine körperliche und neurologische Untersuchung dient dazu, ausschließen zu können, dass die depressiven Symptome auf eine körperliche Erkrankung zurückzuführen sind. Außerdem ist es wichtig, eine Depression von anderen psychischen Erkrankungen abzugrenzen. Hier gilt es vor allem, eine bipolare Störung oder andere affektive Störungen, eine schizophrene Erkrankung, eine Zwangsstörung und eine Anpassungsstörung ausschließen zu können.

Experten stellen die Diagnose Depression, wenn die Symptome über mindestens zwei Wochen lang fast jeden Tag und für die meiste Zeit des Tages vorhanden sind.

Wie kann man eine Depression bei Kindern und Jugendlichen behandeln?

Was die Therapie der Depression im Kindes- und Jugendalter betrifft, so sollte sie immer multimodal sein. Das heißt, dass Psychoedukation, Psychotherapie und bei Bedarf Medikamente zum Einsatz kommen. Die Experten betonen auch, dass die Behandlung überwiegend ambulant erfolgen kann, dass aber bei schweren Depressionen und Suizidalität eine stationäre Therapie notwendig ist. Bei einer leichten depressiven Episode wird in erster Linie Psychoedukation empfohlen. Das bedeutet, dass die Eltern und das Kind über die Depression und alles damit in Verbindung Stehende aufgeklärt und darüber beraten werden, wie man Belastungsfaktoren verringern und Beziehungen positiv gestalten kann. Bessert sich die Symptomatik nach sechs bis acht Wochen nicht oder liegt eine mäßig schwere depressive Episode vor, so sollte Psychotherapie und eventuell eine medikamentöse Behandlung mit Antidepressiva zum Einsatz kommen. Bei schweren depressiven Episoden empfehlen die Experten eine begleitende antidepressive Therapie.

Was die Methoden der Psychotherapie betrifft, so profitieren die betroffenen Kinder vor allem von der kognitiven Verhaltenstherapie, der interpersonellen Therapie und der Familientherapie.

Eine Therapie mit Antidepressiva wird derzeit vor allem mit dem Selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) Fluoxetin über sechs Monate hindurch empfohlen.

Achtung: SSRI können bei psychisch kranken Kindern und Jugendlichen häufiger als bei Erwachsenen ein so genanntes Aktivierungs-Syndrom auslösen. Das bedeutet, dass sich Gedanken daran, sich das Leben zu nehmen und das Risiko eines Suizids erhöhen. Deshalb müssen junge Menschen, die mit Antidepressiva behandelt werden, besonders engmaschig von Fachleuten überwacht werden.

FAQ

Viele Kinder und Jugendliche erleben Phasen, die durch Stimmungsschwankungen, emotionale Krisen und eine vorübergehend schlechte Stimmung gekennzeichnet sind. Das sind normale Entwicklungserscheinungen, die Eltern ernst nehmen müssen, aber solche Phasen dauern in der Regel nur kurz an, während eine „echte“ depressive Episode eine Dauer von mindestens zwei Wochen hat.

Ein gefährliches Symptom der Depression sind suizidale Gedanken. Jugendliche, die depressiv sind, haben ein bis zu 20-fach erhöhtes Risiko für Suizidversuche und vollendete Suizide.

Wichtig ist das einfühlsame Gespräch, in dem man dem Kind auch sagt, dass man es schon länger als unglücklich, einsam oder antriebslos erlebt, und dass man gerne professionelle Hilfe suchen möchte.

Wichtig für die psychische Gesundheit sind ein regelmäßiger Tagesrhythmus, Sport, Bewegung und ausgewogene Ernährung. Auch kleine Aktivitäten wie einen Freund treffen können helfen, die Krise leichter zu überwinden.

  • Autor

    Mag. Gabriele Vasak

    Medizinjournalistin

    Gabriele Vasak ist seit 2019 freie Journalistin in der DocFinder-Redaktion. Ihr besonderes Interesse liegt schon lange im Bereich der medizinischen Contentproduktion. Im Jahr 2006 wurde sie mit dem Medienpreis für Gesundheitsförderung & Prävention des Fonds Gesundes Österreich ausgezeichnet, und im Jahr 2010 erhielt sie den Pressepreis der Österreichischen Gesellschaft für Neurologie.

Das könnte Sie auch interessieren
Die wichtigsten Allergene

Die 14 wichtigsten Allergene bei Nahrungsmittelallergie

Nahrungsmittelallergien sind weit verbreitet und können das Leben der Betroffenen erheblich beeinflussen.

Baby erhält die Meningokokken-Impfung von einer Ärztin

Meningokokken-Impfung

Die Meningokokken-Impfung schützt vor einer Infektion durch bestimmte Untergruppen der Meningokokken-Bakterien, die schwere Krankheiten wie Gehirnhautentzündung und Blutvergiftung auslösen können. Diese Erkrankungen können mit ernsthaften Komplikationen verbunden sein.

Baby bekommt eine Rotavirus Schluckimpfung

Rotavirus-Impfung

Die Rotavirus-Impfung ist eine Schluckimpfung, die gegen eine Infektion mit Rotaviren schützt. Rotaviren sind die häufigste Ursache für virale Durchfallerkrankungen bei Säuglingen und Kleinkindern.