Dr. Peter Kitzler

Woran erkennt man Diabetes bei Kindern?

Diabetes ist die häufigste Stoffwechselerkrankung bei Kindern. Trotzdem werden die typischen Symptome der Erkrankung häufig nicht wahrgenommen oder missinterpretiert. Woran man erkennen kann, wie sich Diabetes im Kindes- und Jugendalter erkennen läßt und mit welchen Stolpersteinen Betroffene konfrontiert sind - darüber weiß Kinderarzt Dr. Peter Kitzler, der sich unter anderem auf die Betreuung dieser Kinder spezialisiert hat, genau Bescheid.

Videokapitel

Wie häufig tritt Diabetes bei Kindern auf?

An welchen Symptomen erkennt man Diabetes bei Kindern?

Was passiert nach der Diagnose?

Wie sieht die Therapie bei Kindern aus?

Was können Eltern tun?

Halten sich Kinder generell an die Empfehlungen?

Dr. Peter Kitzler, Facharzt für Kinder- u. Jugendheilkunde in 9020 Klagenfurt, beantwortet Fragen zum Thema „Diabetes bei Kindern.“

Wie häufig tritt Diabetes bei Kindern auf?

Die Häufigkeit von Diabetes muss man von zwei Seiten betrachten, weil wenn man Diabetes sagt, dann kennt jeder jemanden. Die Häufigkeit bei Kindern ist viel geringer, aber es handelt sich in der Regel immer um einen Typ-1-Diabetes, das heißt, die Kinder sind von Anfang an insulinpflichtig und das ist das Besondere daran. Sie kennen vermutlich viele sogenannte Typ-2-Diabetiker und es gibt noch andere Formen, die sind in der Überzahl, nur etwa zehn Prozent der Diabetiker sind Typ-1-Diabetiker. In Österreich sind etwa 2.000 Kinder unter 14 Jahren betroffen. Wobei diese Zahl etwas steigend ist, vor allem im Alter unter sechs Jahren ist die Anzahl der kindlichen Diabetiker ansteigend.

An welchen Symptomen erkennt man Diabetes bei Kindern? 

Das ist eine ganz wichtige Frage, weil wir noch immer sehr schwere Verläufe bei Erstmanifestationen sehen, die nicht notwendig sind. Der wichtigste Punkt den Eltern merken, ist, dass das Kind häufig, häufiger als sonst auf die Toilette geht und Harn lässt, oder in der Nacht ununterbrochen auf die Toilette geht und Harn lässt oder sich einnässt. Das zweite ist der enorme Durst, der dabei entsteht. Das können bis zu zwei, drei Liter und mehr am Tag sein, und dann kommt es zur Gewichtsabnahme. Und da sollte man schon hellhörig werden. Da genügt oft schon eine Harnuntersuchung, um eine Diagnose zu erhalten. Das ist die Erstmanifestation. Schwere Verläufe, verbunden mit einem Koma, sollten eigentlich gar nicht mehr vorkommen und passieren noch immer.

Was passiert nach der Diagnose? 

Der erste Schritt wird sein, dass man die Diagnose sichert. Der zweite Schritt ist abhängig vom Alter des Kindes. Fast immer kommt es zuerst zu einer stationären Aufnahme in einem Diabetes-Zentrum, wo die Einschulung der Eltern und Kinder passiert, wo man Insulinpumpen verordnet bekommt usw. Die Therapie im Einzelnen muss man da jetzt nicht besprechen – aber das ist das was zuerst passiert. Was die Nachbetreuung betrifft, ist es bei mir zum Beispiel so, dass ich das in der Ordination jederzeit vollziehen kann, denn man sollte schon als Diabetologe ausgebildet sein.

Wie sieht die Therapie bei Kindern aus?

Der jetzige Stand bei Kindern in der Diabetes-Therapie ist natürlich die Insulingabe, weil Sie müssen ja das, was fehlt, ersetzen. Das Insulin wird ja nicht mehr produziert in der Bauchspeicheldrüse. Dafür gibt es heute Methoden, die mit Insulinpumpen arbeiten. Was uns in den letzten Jahren massiv geholfen hat, ist der Fortschritt in der kontinuierlichen Glukosemessung, das heißt die Kinder müssen sich nicht immer in den Finger hineinstechen und blutig den Zucker messen, sondern sie haben die Möglichkeit ihre Werte über den Gewebszucker zu erfahren. Diese Geräte geben auch Alarm, wenn der Blut- oder Gewebszucker zu hoch oder zu niedrig wird. Was natürlich der kompletten Familie hilft. Ich erinnere mich an Zeiten zurück, wo das viel viel schwieriger war und sehr oft Probleme in den Familien gemacht hat.

Was können Eltern tun?

Das Wichtigste nach der Erstmanifestation ist die Akzeptanz der Krankheit, was sowohl für das Kind als auch für die Eltern schwierig ist. Man muss sich das etwa in der Pubertät vorstellen, also das ist nicht so einfach, weil auch immer Schuldgefühle aufkommen – hat man etwas falsch gemacht oder hätte man etwas besser machen können? Was natürlich gar nicht möglich ist, weil das ein plötzliches Ereignis ist und man es nicht vorhersehen kann.
Das Wichtigste ist die Zusammenarbeit mit dem Diabetologen, den Diabetesschwestern und den Diätologen, also dass es im Team bearbeitet wird und, dass man sich diesen Personen anvertraut und einen Vertrauensarzt findet, das ist auch wichtig. Das ist die  entscheidende Sache und, dass die Therapie gemeinsam erarbeitet wird. Wir reden heute von der sogenannten Therapie-Adhärenz und nicht mehr von der Compliance, wie es so schön heißt. Nein, wir wollen die Therapie gemeinsam gestalten und da gibt es Gespräche, und Zusammentreffen mit der Familie, mit dem Umfeld, mit den Kindergärtnern, um den bestmöglichen Weg für das Kind zu finden.

Halten sich Kinder an die Empfehlungen der Ärzte?

Die Adhärenz ist relativ hoch, überhaupt nach der Erstmanifestation. Wo die Adhärenz zu unserem Leidwesen massiv nachlässt, ist die Pubertät. Aber das ist verständlich, da sind wir alle in einer Aufbruchsstimmung und da geht es immer darum, dass man den Patienten trotzdem nicht verliert. Ich sag nur: reden, reden und den Patienten doch für sich gewinnen und auch in Kauf nehmen, dass er nicht alles so macht, wie er sollte, aber das ist menschlich.

Dr. Peter Kitzler ist Facharzt für Kinder- u. Jugendheilkunde in 9020 Klagenfurt. Er hat sich unter anderem auf die Betreuung von Kindern mit Diabetes spezialisiert.

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