Schattenillusion im Wasser aus der Perspektive einer Person die an Schizophrenie leidet
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Schizophrenie – Ursache, Verlauf, Behandlung

Schizophrenie ist eine häufige schwere psychische Erkrankung. Betroffene leiden unter Störungen ihrer Gedanken und Gefühle sowie ihres Verhaltens und haben phasenweise Schwierigkeiten, zwischen ihren eigenen Vorstellungen und der Realität zu unterscheiden. Die Beschwerden der Erkrankung sind je nach Form sehr vielfältig und können im zeitlichen Auftreten variieren.

Factbox – Schizophrenie

Schizophrenie: Psychische Erkrankung; schwere psychotische Störung, die verschiedene psychische Bereiche (Wahrnehmung, Denken u.a.) betrifft.

Formen: Paranoide, hebephrene, katatone Schizophrenie u.a.

Positivsymptome: Halluzinationen, Wahnvorstellungen u.a.

Negativsymptome: Sozialer Rückzug, Interessenverlust, Emotionslosigkeit u.a.

Krankheitsverlauf: Prodromal-, Akut- und Stabilisationsphasen; schubförmig remittierender (zurückgehend) bis chronisch progredienter (fortschreitend) Verlauf

Diagnose: Nach ICD-10/DSM-5; Anamnese, körperliche und neurologische Untersuchung, Blutuntersuchung, bildgebende Untersuchungen u.a.

Behandlung: Individueller Gesamtbehandlungsplan inkl. medikamentöser Therapie (Antipsychotika), psychologischer Verfahren (Psychoedukation, Verhaltenstherapie u.a.) u.a.

Schizophrenie zählt zu den Psychosen. Der Begriff „Psychose“ ist ein Sammelbegriff für verschiedene psychische Störungen, die sich u.a. durch Realitätsverlust, Bewusstseinsstörungen, Wahnvorstellungen und/oder Störungen des Denkens und Fühlens ausdrücken. Der Erkrankungsgipfel (Zeitraum, in dem eine bestimmte Krankheit am häufigsten auftritt) der Schizophrenie liegt bei Männern etwa zwischen dem 20. und 25., bei Frauen um das 30. Lebensjahr.

Die Stigmatisierung psychischer Erkrankungen ist allgemein ein großes Problem, wobei auch besonders der Begriff „Schizophrenie“ in der Öffentlichkeit mit vielen negativen Konnotationen verbunden ist. Die Stigmatisierung der Erkrankung sowie Vorurteile und falsche Annahmen rund um schizophrene Erkrankungen stellen für Betroffene, Angehörige wie auch für Behandler oftmals zusätzlich eine große Belastung dar. Patienten mit Schizophrenie leiden phasenweise unter tiefgreifenden Veränderungen ihrer Wahrnehmung, ihres Denkens und ihrer Gefühle. Eine vielfach angenommene falsche Annahme ist u.a., dass Patienten mit Schizophrenie eine gespaltene Persönlichkeit haben – ein Patient mit Schizophrenie hat nicht mehrere abwechselnd zum Vorschein kommende Persönlichkeiten wie bei einer dissoziativen Identitätsstörung. Und was viele nicht wissen: Mit der richtigen Behandlung kann sich zwischen Krankheitsrückfällen ein weitgehend vollständiges Nachlassen der Krankheitssymptome zeigen.

Ursache

Schizophrenie ist nicht auf eine einzige Ursache zurückzuführen, sondern wahrscheinlich multifaktoriell bedingt. An der Krankheitsentstehung sind also mehrere Faktoren, darunter genetische, biologische und psychosoziale, beteiligt. Die Ursachen der Erkrankung sind bis heute nicht vollständig geklärt. Auf jeden Fall spielt genetische Vorbelastung eine Rolle (gehäuftes familiäres Auftreten), weiters werden verschiedene Veränderungen im Gehirn als Mitursache diskutiert. Neben vielen anderen werden auch bestimmte frühkindliche Infektionen als mögliche Ursache angenommen, ebenso wie frühkindliche Hirnschädigungen, bestimmte hormonelle und toxische Faktoren. Mehrere dieser Faktoren könnten in Kombination eine Schizophrenie auslösen, wobei viele diskutierte Faktoren, die zur Entstehung bzw. Auslösung einer Schizophrenie beitragen könnten, bis jetzt noch als umstritten gelten. Zudem werden, wie bei vielen anderen psychischen Erkrankungen, dem sozialen Umfeld und Stress eine wichtige Funktion bei der Krankheitsentstehung zugeschrieben.

Symptome

Die psychische Erkrankung wird in verschiedene Formen unterteilt, darunter die paranoide, die hebephrene und die katatone Schizophrenie und andere. Allgemein ist festzuhalten, dass die Bandbreite der möglichen Symptome sehr groß ist. Die Erkrankung kann sich auf viele Bereiche der Psyche auswirken, darunter Denken, Wahrnehmung, Ich-Funktionen, Antrieb, Psychomotorik und die Gesamtheit des Gefühls- und Gemütslebens. Die am weitesten verbreitete Form ist die paranoide Schizophrenie, bei welcher Patienten in der akuten Phase Wahnvorstellungen und Halluzinationen entwickeln, darunter z.B. Sinneshalluzinationen (Hören von in der Realität nicht existierenden Stimmen), körperliche Halluzinationen, Verfolgungswahn, Beziehungswahn und wahnhafte Botschaften. Weitere typische Krankheitszeichnen sind u.a. Ich-Störungen, Störungen im Denken und Sprechen (desorganisiertes Denken), Störungen des Gefühllebens (z.B. starke Stimmungsschwankungen, nicht der Situation entsprechende Stimmungslage) und Verlust des Bezugs zur Wirklichkeit.

Bei der Symptomatik wird zwischen Positiv- und Negativsymptomatik unterschieden. Ein positives Symptom ist ein Symptom, das bei einem gesunden Menschen nicht vorhanden ist, zu den Positivsymptomen bei Schizophrenie zählen Wahnvorstellungen, Halluzinationen und Bewegungsstörungen. Ein negatives Symptom bedeutet hingegen, dass im Vergleich zu gesunden Menschen „etwas“ fehlt. Zu den Negativsymptomen bei Schizophrenie zählen sozialer Rückzug, Antriebs- und Interessenverlust (z.B. an Freizeitaktivitäten, Hobbys etc.), Konzentrationsschwäche, Emotionslosigkeit, Vernachlässigung des Äußeren, Sprachmangel und andere.

Verlauf

Die Erkrankung wird in Prodromal-, Akut- und Stabilisationsphasen eingeteilt.
Vor Ausbruch der eigentlichen Schizophrenie kann es zu einer Prodromalphase kommen (Vorphase mit „frühen Warnzeichen“), mögliche Frühwarnzeichen sind erhöhte Empfindsamkeit und Reizbarkeit, Nervosität, Stimmungsschwankungen, Schlafstörungen, reduzierte Leistungsfähigkeit, sozialer Rückzug und andere. Da es sich hierbei um unspezifische Symptome handelt, werden sie häufig nicht erkannt. In einer akuten Krankheitsphase findet sich bei Betroffenen häufig keine Einsicht für die psychische Erkrankung und Positivsymptome stehen im Vordergrund. Der weitere Verlauf einer Schizophrenie kann schubweise oder chronisch sein. Als Schub wird eine akute Krankheitsphase bezeichnet, nach welcher es zu einer mehr oder weniger vollständigen Rückbildung der Symptome kommt, bis nach einer bestimmten Zeit, die von Patient zu Patient unterschiedlich lange sein kann, ein neuer Krankheitsschub folgt. Üblicherweise folgt auf einen Schub eine „abklingende Phase“ (Residualphase) mit Negativsymptomen. Bei einem Teil der Betroffenen entwickelt sich ein chronischer Krankheitsverlauf, der zumeist mit kognitiven, sozialen und anderen Beeinträchtigungen einhergeht. Derartige Einschränkungen können auch schon zu Beginn der Erkrankung vorhanden sein oder den ersten Positivsymptomen vorausgehen; Negativsymptome sind häufig schon vor den Positivsymptomen bemerkbar.

Allgemein kann der Verlauf schizophrener Erkrankungen sehr unterschiedlich sein, von schubförmig remittierend (zurückgehend) bis chronisch progredient (fortschreitend). Eine allgemein gültige Prognose bzw. Aussage zum Verlauf der Erkrankung gibt es nicht.

Diagnose

Schizophrene Erkrankungen werden nach den Vorgaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO, ICD-10) oder der Amerikanischen psychiatrischen Gesellschaft (APA, DSM-5) diagnostiziert. Es handelt sich um Klassifikationssysteme, die bestimmte Kriterien vorgeben, die für eine Diagnose erfüllt sein müssen. Das ICD-10 führt neun Symptomgruppen an, wichtige Leitsymptome laut ICD-10 sind: Gedankenlautwerden, – ausbreitung, -eingebung oder -entzug; Wahnwahrnehmungen, Kontrollwahn, Beeinflussungswahn, Gefühl des „Gemachten“; kommentierende und dialogische Stimmen; anhaltender, kulturell unangemessener und unrealistischer Wahn. Um die Diagnose stellen zu können, muss/müssen mindestens ein Symptom aus diesen Gruppen oder Symptome aus anderen Symptomgruppen über einen Zeitraum von mindestens einem Monat bestehen. Um die Diagnose zu sichern und vor endgültiger Diagnosestellung mögliche andere Erkrankungen auszuschließen, werden nach einem ausführlichen Gespräch mit dem Betroffenen verschiedene Untersuchungen und Tests durchgeführt (körperliche und neurologische Untersuchungen, Blutuntersuchung, bildgebende Verfahren wie Computertomographie (CT) und Magnetresonanztomographie (MRT) u.a.). Der genaue Ablauf der Abklärung (weiterführende Untersuchungen etc.) richtet sich nach der individuellen Situation.

Behandlung

Die Behandlung zielt darauf ab Häufigkeit, Schweregrad und psychosoziale Folgen psychotischer Episoden rasch zu minimieren und das psychosoziale Funktionsniveau zwischen den Episoden zu verbessern.
Neben therapeutischen und psychosozialen Maßnahmen ist eine medikamentöse Behandlung Teil des Gesamtbehandlungskonzepts. Je nach Erkrankungsform und Ausprägung der Symptome können unterschiedliche Medikamentengruppen zum Einsatz kommen. Antipsychotika (Neuroleptika, atypische Neuroleptika) sind die Therapie der Wahl in unterschiedlichen Stadien schizophrener Erkrankungen. Die Wirkstoffklasse und die Dosierung werden auf die Unterform der Erkrankung und die Ausprägung abgestimmt.
Nicht-medikamentöse Behandlungsverfahren und Maßnahmen, welche die Therapie gezielt unterstützen sollen sind u.a. Psychoeduktion (Aufklärung über die Erkrankung), Psychotherapie, kognitive Verhaltenstherapie, Maßnahmen zur Stressreduktion, kognitives Training, Ergotherapie, Training sozialer Kompetenzen, Soziotherapie/klinische Sozialarbeit, Selbsthilfegruppen und andere.

Ein Problem ist, dass Schizophrenie-Patienten häufig die Krankheitseinsicht fehlt, weswegen Aufklärung über die Erkrankung und Abbau von Ängsten durch Informationen sowie ein maßgeschneiderter Gesamtbehandlungsplan, der unter Beteiligung des Betroffenen und aller am Behandlungsprozess Beteiligten erstellt werden sollte, besonders wichtig sind. Schizophrenie betrifft auch immer Angehörige und nahestehende Personen, weswegen diese in den Behandlungsprozess einbezogen werden sollten. Durch mehr Informationen und Wissen über die psychische Erkrankung können Nahestehende mehr Verständnis für die Situation des Patienten entwickeln und diesen besser unterstützen.

  • Autor

    Katharina Miedzinska, MSc

    Medizinjournalistin

    Katharina Miedzinska-Baran ist eine freie Medizinjournalistin, Biologin und Diätologin mit umfangreicher Expertise in der Erstellung medizinischer Inhalte sowie großem Interesse an Gesundheitsthemen.

Sachs G. et al.: Diagnose und Therapie der Schizophrenie, CliniCum Neuropsy 03/2017, Medizin Medien Austria GmbH

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Lienhard A; Psychose Update – Aktuelles zur Behandlung der Schizophrenie, Psychiatrie & Neurologie 04/2016, Rosenfluh Publikationen AG

Windhager E.; Schizophrenie: aktuelle Behandlungsleitlinien, CliniCum Neuropsy 01/2016, Medizin Medien Austria GmbH

Uhl M. et al.; Moderne Depotbehandlung bei Schizophrenie, Spectrum Psychiatrie 04/2014, MedMedia Verlag und Mediaservice GmbH

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