Abbildung der Schilddrüse im Körper
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Schilddrüsenkrebs

Schilddrüsenkrebs ist eine verhältnismäßig seltene Krebserkrankung. Frauen sind öfter betroffen als Männer. In frühen Stadien verursacht Schilddrüsenkrebs zumeist keine Symptome, ab einer bestimmten Größe kann der Tumor auf benachbarte Strukturen wie die Luft- und Speiseröhre drücken und verschiedene Beschwerden verursachen. Bei adäquater Behandlung ist die Prognose häufig sehr gut.

Fact-Box Schilddrüsenkrebs

Schilddrüsenkrebs (Schilddrüsenkarzinom): Bösartiger von den Zellen der Schilddrüse ausgehender Tumor

Formen: Papilläres Schilddrüsenkarzinom (häufigste Form), follikuläres Schilddrüsenkarzinom, medulläres Schilddrüsenkarzinom, anaplastisches Schilddrüsenkarzinom u. a.

Ursachen und Risikofaktoren: Nicht vollständig bekannt; je nach Art des Karzinoms Aufnahme von radioaktivem Jod, Bestrahlung der Kopf-Hals-Region, genetische Veranlagung, Jodmangel und weibliches Geschlecht (ungeklärt) u. a.

Mögliche Symptome: In frühen Stadien zumeist keine spürbaren Symptome; allgemeine Symptome wie Druckgefühl im Halsbereich, Schluckbeschwerden, anhaltende Heiserkeit, Atemnot, Knoten (tastbar und/oder sichtbar, hart, schlecht verschiebbar, rasch aufgetreten), Horner-Syndrom u. a.

Diagnose: Anamnese, Tastuntersuchung der Halsregion, Laboruntersuchungen, Ultraschalluntersuchung der Schilddrüse, Szintigraphie, Feinnadelpunktion u. a.

Behandlung: Abhängig von Art des Karzinoms, Ausbreitung und anderen Faktoren; Operation (vollständige oder teilweise Entfernung der Schilddrüse), Radiojodtherapie u. a.

Was ist Schilddrüsenkrebs?

Bei Schilddrüsenkrebs (Schilddrüsenkarzinom) handelt es sich um einen bösartigen Tumor, der von den Zellen der Schilddrüse ausgeht. Erkrankungen und Knoten (knötchenförmige, herdförmige Veränderungen des Schilddrüsengewebes) im Bereich der Schilddrüse sind relativ häufig, allerdings ist nur ein geringer Teil der Knoten in der Schilddrüse bösartig – laut Angaben der Statistik Austria waren im Jahr 2017 in Österreich zwei Prozent der jährlichen Krebsneuerkrankungen auf bösartige Neubildungen der Schilddrüse zurückzuführen. Frauen sind häufiger von einem Schilddrüsenkarzinom betroffen als Männer.

Formen

Abhängig davon, von welchem Bereich des Schilddrüsengewebes der Tumor ausgeht und von anderen Faktoren werden verschiedene Formen von Schilddrüsenkrebs unterschieden, darunter:

Papilläres Schilddrüsenkarzinom

Das papilläre Schilddrüsenkarzinom macht mit etwa 60 Prozent* den größten Teil aller Fälle von Schilddrüsenkrebs aus. Das papilläre Schilddrüsenkarzinom bildet mitunter mehrere Tumorherde in einem oder in beiden Schilddrüsenlappen. Die Metastasierung (Prozess einer Metastasenbildung) bei dieser Form von Schilddrüsenkrebs erfolgt vor allem über das Lymphsystem (lymphogene Metastasierung). Lymphogene Metastasen (Tochtergeschwulste bzw. Tumorabsiedelungen) besiedeln zumeist die regionären Lymphknoten, sodass häufig auch die Lymphknoten am Hals betroffen sind. Bei entsprechender Behandlung ist die Prognose des papillären Schilddrüsenkarzinoms häufig sehr gut.

Follikuläres Schilddrüsenkarzinom

Mit etwa 30 Prozent ist das follikuläre Schilddrüsenkarzinom die zweithäufigste Form von Schilddrüsenkrebs; es kommt verhäuft in Jodmangelgebieten vor. Das follikuläre Karzinom bildet meist nur einzelne Knoten aus, die Metastasierung erfolgt vorwiegend auf dem Blutweg (hämatogene Metastasierung), Metastasen finden sich u. a. in Lungen, Knochen, Gehirn und Leber. Auch bei dieser Form von Schilddrüsenkrebs ist die Prognose bei entsprechender Therapie in vielen Fällen günstig.

Medulläres Schilddrüsenkarzinom

Das medulläre Schilddrüsenkarzinom, auch C-Zell-Karzinom genannt, kommt deutlich seltener vor als das papilläre und follikuläre Schilddrüsenkarzinom. Das medulläre Schilddrüsenkarzinom entwickelt sich aus sogenannten C-Zellen. Hierbei handelt es sich um spezialisierte Zellen der Schilddrüse, die das Hormon Calcitonin bilden, welches sehr wichtig für die Regulation des Calcium- und Phosphathaushalts des Körpers ist. Calcitonin senkt den Calciumspiegel im Blut. Medulläre Schilddrüsenkarzinome produzieren Calcitonin, was wiederum zu einem erniedrigten Calciumwert im Blut führt – dieser Umstand ermöglicht es, ein medulläres Schilddrüsenkarzinom im Gegensatz zu anderen Schilddrüsenkarzinomen im Blut nachzuweisen. Medulläre Schilddrüsenkarzinome metastasieren auf dem Blutweg und über das Lymphsystem.

Daneben gibt es noch weitere Formen (anaplastisches Schilddrüsenkarzinom, undifferenzierte Karzinome), die ebenfalls selten sind.

Ursachen und Risikofaktoren

Die genauen Ursachen für die Entstehung von Schilddrüsenkrebs sind bislang nicht vollständig geklärt. In Hinblick auf die Entstehung von papillären Schilddrüsenkarzinomen wird angenommen, dass ionisierende Strahlung/Bestrahlung im Halsbereich, besonders im Kindesalter, das Risiko für die Erkrankung erheblich erhöht. So hat sich beispielsweise die Rate an Schilddrüsenkrebs nach dem Atomreaktorunfall in Tschernobyl erhöht.

Follikuläre Schilddrüsenkarzinome treten besonders häufig in Jodmangelgebieten auf. Bei etwa 20 bis 25 Prozent* aller medullären Karzinome ist wiederum eine familiäre Häufig festzustellen, was bedeutet, dass die Erkrankung auf einen Gendefekt zurückgeführt werden kann. Die Genveränderungen finden sich im sogenannten RET-Gen auf Chromosom 11 und können dazu führen, dass ein Schilddrüsenkarzinom auftritt, unter Umständen auch in Kombination mit verschiedenen anderen Erkrankungen (MEN II Syndrom, multiple endokrine Neoplasie).

Daneben werden noch andere Faktoren diskutiert, u. a. hormonelle Faktoren, da Frauen wesentlich öfter von verschiedenen Formen von Schilddrüsenkrebs betroffen sind als Männer. Gesicherte und angenommene/diskutierte Risikofaktoren von Schilddrüsenkrebs sind zusammengefasst u. a.: Aufnahme von radioaktivem Jod, Bestrahlung der Kopf-Hals-Region, genetische Veranlagung, Jodmangel und weibliches Geschlecht (ungeklärt).

Symptome

In frühen Stadien verursacht Schilddrüsenkrebs zumeist keine spürbaren Symptome, frühe Anzeichen der Erkrankung sind in der Regel also selten. Auffällig werden Tumoren der Schilddrüse häufig durch ihr verdrängendes Wachstum: Die Schilddrüse liegt in der Nähre der Luft- und Speiseröhre und des Kehlkopfs – durch die enge Lagebeziehung kann es sein, dass wachsende bzw. größere Tumoren auf diese Strukturen drücken, was zu verschiedenen Beschwerden führen kann.

Mögliche Beschwerden sind u. a. Druckgefühl im Halsbereich, Schluckbeschwerden (wenn der Tumor auf die Speiseröhre drückt bzw. diese einengt), anhaltende Heiserkeit und Atemnot (wenn der Tumor die Luftröhre an einer bestimmten Stelle einengt). Auch tastbare und/oder sichtbare Knoten, die sich hart anfühlen, schlecht verschiebbar sind und sich rasch entwickelt haben können unter Umständen ein Hinweis sein. In weiter fortgeschrittenen Stadien kann es zum Horner-Syndrom kommen, bei welchem die Pupille verengt ist (Miosis), der Augapfel scheinbar zurückgesunken ist (Enopthalmus) und das Oberlid herabhängt (Ptosis).

Daneben können die jeweiligen Schilddrüsenformen spezifische Symptome verursachen. Beispielsweise kommt es beim medullären Schilddrüsenkarzinom zu einer Überproduktion des Hormons Calcitonin und zu einem erniedrigten Kalziumspiegel, was wiederum u. a. mit Gefühlsstörungen (z. B. Kribbeln, Ameisenhaufen) und Muskelkrämpfen einhergehen kann. Beim papillären Schilddrüsenkarzinom die Metastasen die regionären Lymphknoten besiedeln, wodurch die Lymphknoten am Hals gegebenenfalls geschwollen sind.

Die Auflistung der hier angeführten Symptome dient dem Überblick und kann unvollständig sein, zudem kann ein Symptom Anzeichen für andere Erkrankungen sein. Auch muss nicht jedes hier angeführte Symptom bei Schilddrüsenkrebs auftreten. Im Zweifelsfall sollte stets das ärztliche Gespräch gesucht werden.

Diagnose

Ansprechpartner bei Schilddrüsenproblemen sind der Arzt für Allgemeinmedizin, welcher den Patienten bei Bedarf an einen Facharzt zuweist, der Facharzt für Innere Medizin und der Facharzt für Nuklearmedizin.

Zu Beginn der Abklärung stehen die Anamnese und Tastuntersuchung des Halsbereichs. Im Rahmen der Anamnese wird u. a. genau auf die Vorgeschichte und mögliche Beschwerden eingegangen – Antworten auf Fragen nach bekannten Schilddrüsenerkrankungen in der Familie, einer möglichen therapeutischen Bestrahlung in der Vergangenheit, möglichen Schluck- oder Atembeschwerden und anderen Auffälligkeiten sowie weitere Informationen ermöglichen es dem Arzt, sich ein erstes Bild zu verschaffen. Weiters werden Laboruntersuchungen inklusive Bestimmung der Schilddrüsenhormone (T3, T4, Thyreoidea-stimulierendes-Hormon/TSH) veranlasst. Eine weitere wichtige Untersuchung ist die Ultraschalluntersuchung der Schilddrüse. Sie ermöglicht es u. a., Größen- und Strukturveränderungen der Schilddrüse festzustellen, zu erkennen, ob sich Knoten in der Schilddrüse befinden und Größe, Art und Ausmaß der knotigen Veränderungen zu beurteilen.

Weiterführend kann eine sogenannte Szintigraphie (nuklearmedizinische Untersuchungsmethode) durchgeführt werden um auffällige Knoten weiter abzuklären. Bei dieser Untersuchung werden radioaktive Substanzen (Tracer; z. B. Natrium-99mTechnetium-Pertechnetat) in eine Vene injiziert, welche sich im Schilddrüsengewebe anreichern, was durch eine spezielle Kamera (Gammakamera) aufgezeichnet werden kann. Je aktiver Schilddrüsenzellen sind, umso mehr Tracer nehmen sie auf. Schilddrüsenkarzinome reichern in der Regel wenig Tracer an (kalter Knoten). Die jeweiligen Aktivtäten werden farblich unterschiedlich dargestellt, wodurch man ein Bild der Schilddrüse erhält und den Stoffwechsel der Schilddrüse und einzelner Knoten beurteilen kann.

Auffälligkeiten, die sich aus der klinischen Untersuchung, Ultraschalluntersuchung und Szintigraphie ergeben werden im Rahmen einer Feinnadelpunktion weiter abgeklärt. Dabei wird mit einer feinen Nadel Probematerial (Gewebe) entnommen und im histologischen Labor feingeweblich untersucht. Weitere mögliche Untersuchungen sind u. a. die Magnetresonanztomographie (MRT) und die Computertomographie (CT). Der genaue Ablauf der weiterführen Abklärung richtet sich nach der individuellen Situation des Patienten.

Behandlung

Wie sich die Behandlung gestaltet hängt von der Art des Karzinoms (papilläres, follikuläres, medulläres, anaplastisches Schilddrüsenkarzinom), vom Schweregrad/der Ausbreitung der Erkrankung (Metastasierung) und von anderen Faktoren ab und wird individuell festgelegt.

In der Regel wird die Schilddrüse im Rahmen einer Operation vollständig oder teilweise entfernt (Thyreoidektomie); abhängig von der Größe und Ausdehnung des Karzinoms können auch die Lymphknoten am Hals operiert werden. Die fehlende Schilddrüsenfunktion in Folge der operativen Entfernung der Schilddrüse werden durch die lebenslange Einnahme von Schilddrüsenhormonen in Form von Tabletten ersetzt. Beim papillären und follikulären Schilddrüsenkarzinom soll mit einer nach einigen Wochen nach der Operation anschließenden Radiojodtherapie möglicherweise verbliebenes Karzinomgewebe zerstört werden. Im Rahmen der Therapie wird Jod-131 verabreicht, welches sich gezielt in verbliebenem Schilddrüsengewebe anreichert und zum Untergang des Gewebes führt. Daneben können, je nach Art des Karzinoms, noch weitere Behandlungsmaßnahmen zum Einsatz kommen.

Im Rahmen der Nachsorge werden regelmäßige Kontrollen durchgeführt (Ultraschalluntersuchungen, Laboruntersuchungen etc.). Die Heilungschancen bei Schilddrüsenkrebs hängen von der Art des Karzinoms, von der Ausbreitung und anderen Faktoren ab; in vielen Fällen ist die Prognose sehr gut.

*Angaben variieren in der Literatur.

  • Autor

    Katharina Miedzinska, MSc

    Medizinjournalistin

    Katharina Miedzinska-Baran ist eine freie Medizinjournalistin, Biologin und Diätologin mit umfangreicher Expertise in der Erstellung medizinischer Inhalte sowie großem Interesse an Gesundheitsthemen.

Pirich C.; Radiojod beim differenzierten Schilddrüsen­karzinom: Indikationsstellung im Spannungsfeld zwischen Evidenz und personalisierter Medizin, Spectrum Onkologie 03/2019, MedMedia Verlag und Mediaservice

Raderer M., Kiesewetter B.; Systemische Therapieoptionen des Jod-negativen Schilddrüsenkarzinoms, Spectrum Onkologie 03/2019, MedMedia Verlag und Mediaservice

Scheuba C.; Medulläres Schilddrüsenkarzinom, Spectrum Onkologie 01/2017, MedMedia Verlag und Mediaservice

Siano M.; Das Schilddrüsenkarzinom – Molekulare Grundlagen und systemische Therapie mit Tyrosinkinase-Inhibitoren, Schweizer Zeitschrift für Onkologie 01/2017, Rosenfluh Publikationen

Paschke R. et al.; Therapie des differenzierten Schilddrüsenkarzinoms, Deutsches Ärzteblatt 26/2015, Deutscher Ärzteverlag

Hoffmann M., Raderer M.; Schilddrüsenkarzinome, Spectrum Onkologie 03/2014, MedMedia Verlag und Mediaservice

Schilddrüse, Statistik Austria, URL: http://www.statistik.at/web_de/statistiken/menschen_und_gesellschaft/gesundheit/krebserkrankungen/schilddruese/index.html, Stand: 21.07.2020

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