Pilzvergiftung giftiger Pilz Myzetismus
Foto: Bakhur Nick/shutterstock

Pilzvergiftung

Eine Pilzvergiftung (Myzetismus) ist eine Vergiftung, die durch den Verzehr von giftigen, rohen, verdorbenen oder aufgewärmten Pilzen hervorgerufen wird. Die Symptomatik hängt vom auslösenden Pilzgift ab. Die Palette möglicher Krankheitsanzeichen reicht von harmlosen Bauchschmerzen bis hin zum totalen Versagen mehrerer Organsysteme. Wichtig ist, sofort ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Factbox – Pilzvergiftung

Synonym: Myzetismus

Symptome: Bauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Benommenheit und Schwindel, Bewusstseinsstörungen bis hin zur Bewusstlosigkeit, Sehstörungen, Tränen- und Speichelfluss, starke Schweißsekretion, Herzrhythmusstörungen, Halluzinationen, Angstattacken, euphorische Zustände, Muskelzuckungen und Muskelkrämpfe, Organversagen 

Therapie: Flüssigkeits- und Elektrolytsubstitution, Antiemetika, Aktivkohle, Atropin, Betablocker, Benzodiazepine, Neuroleptika, ggf. Hämodialyse, Plasmapherese, Lebertransplantation

Erste Schritte: Notarzt oder Vergiftungsinformationszentrale (Notruf: 01 406 43 43) rufen, Pilzreste und Erbrochenes einsammeln, keine Hausmittel!

Was ist eine Pilzvergiftung?

Ob Speisepilz oder Giftpilz ist für den Laien oft nicht einfach zu unterscheiden. Verwechslungen in diesem Bereich kommen häufig vor, denn die Regeln zur Unterscheidung von giftigen und nichtgiftigen Pilzen sind oft nicht eindeutig bzw. zuverlässig. Die Crux an der Sache ist allerdings, dass Pilzgifte schon in kleinsten Mengen schwere Vergiftungserscheinungen auslösen können. Alle Giftpilze verursachen Erbrechen und Bauchschmerzen, die weiteren Beschwerden variieren von Art zu Art.

Zu den häufigsten Giftpilzen zählen Knollenblätterpilze, „Magic Mushrooms“, Karbol-Champignons, Hallimasche, Pantherpilze, Fliegenpilze, Gallenröhrlinge, Düngerlinge, Kahle Kremplinge und Satanspilze. Grundsätzlich sind Pilze, die frühzeitig Symptome hervorrufen, weniger gefährlich als jene, die erst später Beschwerden verursachen. Pilzvergiftungen können tödlich enden, daher geht es in diesen Fällen um schnelle Erste Hilfe und eine umgehende ärztliche Behandlung.

Zudem können auch an sich ungiftige Pilze, wenn sie roh, verdorben oder aufgewärmt verzehrt werden, Vergiftungserscheinungen wie Blähungen, Übelkeit und Brechdurchfall hervorrufen. In diesem Fall spricht man von einem Pilzunverträglichkeitssyndrom oder einer unechten bzw. sekundären Pilzintoxikation, die keine Vergiftung im eigentlichen Sinn und in der Regel nicht lebensbedrohlich ist.

Die Risikoabschätzung, die bei Verdacht auf eine Pilzvergiftung getroffen werden muss, ist oft nicht einfach. Denn sowohl echte als auch unechte Pilzvergiftungen äußern sich zunächst meist mit relativ unspezifischen Magen-Darm-Beschwerden. Die Beurteilung der Erstsymptomatik hilft hier nicht immer. Zudem müssen die die Vergiftung hervorrufenden Pilze identifiziert werden, um eine adäquate Behandlung einleiten zu können.

Symptome bei einer Pilzvergiftung

Bei vielen Pilzarten kommt es schon nach wenigen Stunden zu den ersten Symptomen, bei manchen aber auch erst deutlich später. Setzen die Beschwerden rasch ein, so kann zumindest auch schnell der Zusammenhang zum Pilzverzehr hergestellt werden. Je später die Symptome auftreten, desto länger haben die Giftstoffe Zeit, im Körper aufgenommen zu werden und sich systemisch zu verteilen. Deshalb sind Pilzvergiftungen mit einer längeren Latenzzeit (der Zeit bis zum Auftreten der ersten Symptome) gefährlicher als solche, bei denen die Symptomatik relativ rasch einsetzt. Es gilt die Faustregel, dass Pilzvergiftungen mit einer Latenzzeit von weniger als sechs Stunden meist nur zu funktionellen Syndromen führen und mild verlaufen. Pilzvergiftungen mit einer Latenzzeit von mehr als sechs Stunden führen hingegen zu organschädigende Syndromen mit oft lebensbedrohlichem Verlauf.

Grundsätzlich sind die Symptome recht unspezifisch und vielfältig. Dazu zählen:

  • Bauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen
  • Benommenheit und Schwindel
  • Bewusstseinsstörungen bis hin zur Bewusstlosigkeit
  • Sehstörungen, Tränen- und Speichelfluss sowie eine starke Schweißsekretion
  • Herzrhythmusstörungen
  • Halluzinationen, Angstattacken und euphorische Zustände (bei halluzinogenen Pilzen)
  • Muskelzuckungen und Muskelkrämpfe

Achtung: Bei einer Knollenblätterpilzvergiftung kann es zu einem so genannten Phalloides- oder Amatoxin-Syndrom kommen. Die Symptomatik umfasst wässrigen, teils choleraähnliche Durchfälle, heftiges Erbrechen und Bauchkrämpfe, die bis zu 36 Stunden anhalten können. Nach einer Phase der trügerischen Besserung kommt es zu einem Anstieg der Leberwerte und ggf. zu Leberversagen. Die Knollenblätterpilzvergiftung ist die am häufigsten tödlich verlaufende Pilzvergiftung. Für Kleinkinder kann schon ein Bissen von diesem Pilz tödlich sein.

Therapien bei einer Pilzvergiftung

Jeder Giftpilz löst eine individuelle Vergiftung aus. Die Therapie muss sich nach den Symptomen bzw. den entstandenen Schäden richten. BehandlerInnen müssen wissen, welche Art von Giftpilz konsumiert wurde und wie viel Zeit vom Verzehr der Pilze bis zum Auftreten der ersten Symptome vergangen ist, denn es gilt die grobe Faustregel: Je länger die Latenzzeit, desto lebensbedrohlicher die Vergiftung. Allerdings kann es auch beim tödlich giftigen Knollenblätterpilz und anderen hochgiftigen Pilzen manchmal rasch zu den ersten Erscheinungen kommen. Wichtig ist, die Therapie so frühzeitig wie möglich zu starten.

Die meisten Pilzvergiftungstherapien orientieren sich an der Symptomatik. Je nach Pilzgift kommen folgende Behandlungen zum Einsatz:

  • Flüssigkeits- und Elektrolytsubstitution
  • Antiemetika (Wirkstoffe zur Vorbeugung und Behandlung von Übelkeit und Erbrechen)
  • Aktivkohle
  • Atropin (pflanzliches Gegengift)
  • Betablockern
  • Benzodiazepinen oder Neuroleptika
  • ggf. Hämodialyse (Blutwäsche) oder Plasmapherese (Entnahmeverfahren für Blutplasma)
  • ggf. Lebertransplantation

Erste Schritte bei einer Pilzvergiftung

Bei Verdacht auf eine Pilzvergiftung ist der Notarzt oder die Vergiftungsinformationszentrale (Notruf: 01 406 43 43) zu rufen. Wichtig sind folgende Angaben:

  • Name und Alter des Betroffenen, bei Kindern auch Gewicht und Größe
  • Vorerkrankungen und Dauermedikamente
  • Zeitpunkt des Verzehrs
  • Art und Menge der verzehrten Pilze
  • Herkunft der Pilze
  • Zeitpunkt des Auftretens der Symptome
  • Art der Symptome
  • weitere Personen, die das Pilzgericht gegessen haben

Ratsam ist zudem, Pilzreste, Reste der Mahlzeit bzw. Erbrochenes einzusammeln. Das gibt den Pilzsachverständigen und Behandlern wichtige Hinweise zur weiteren Therapie der Pilzvergiftung.

Wovor die Experten hingegen warnen, ist die Anwendung von „Hausmitteln“bei einer Pilzvergiftung. Milch oder Salzwasser zu trinken, um ein Erbrechen zu fördern, oder die Einnahme von Kohletabletten, um Durchfälle zu lindern, können schwere Nachteile mit sich bringen und die Prognose bis hin zum Tod verschlechtern.

Prävention von Pilzvergiftungen

Für den sicheren Pilzgenuss gibt es einige Grundregeln, die man beachten sollte:

  • Sammeln Sie nur Pilze, die Sie sicher kennen.
  • Essen Sie keine Pilze, die Sie erstmals bestimmt haben.
  • Verwenden Sie beim Sammeln einen Korb oder andere luftige Gefäße.
  • Lassen Sie zu alte und zu kleine Pilze stehen.
  • Lassen Sie Ihre Pilze von geprüften Pilzsachverständigen auf Essbarkeit hin überprüfen.
  • Fragen Sie bei Wildpilzen auf Märkten und in Restaurants gegebenenfalls, ob die Pilze kontrolliert wurden.
  • Achten Sie auch bei Zuchtpilzen auf Frische und appetitliches Aussehen.
  • Sichern Sie Ihre Kenntnisse mit qualitativ guten Bestimmungsbüchern. 

FAQ

Eine Pilzvergiftung (Myzetismus) ist eine Vergiftung, die durch den Verzehr von giftigen, rohen, verdorbenen oder aufgewärmten Pilzen hervorgerufen wird. Die Symptomatik hängt vom auslösenden Pilzgift ab. Die Symptome reichen von harmlosen Bauchschmerzen bis hin zu Organversagen.

Die Symptome bei einer Pilzvergiftung sind unspezifisch und vielfältig. Folgende Symptome können auftreten:

  • Bauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen
  • Benommenheit und Schwindel
  • Bewusstseinsstörungen bis hin zur Bewusstlosigkeit
  • Sehstörungen, Tränen- und Speichelfluss sowie eine starke Schweißsekretion
  • Herzrhythmusstörungen
  • Halluzinationen, Angstattacken und euphorische Zustände
  • Muskelzuckungen und Muskelkrämpfe

Die Behandlung bei einer Pilzvergiftung hängt von den Symptomen bzw. den entstandenen Schäden ab. Je nach Pilzgift kommen folgende Behandlungen zum Einsatz:

  • Flüssigkeits- und Elektrolytsubstitution
  • Antiemetika (Wirkstoffe zur Vorbeugung und Behandlung von Übelkeit und Erbrechen)
  • Aktivkohle
  • Atropin (pflanzliches Gegengift)
  • Betablockern
  • Benzodiazepinen oder Neuroleptika
  • ggf. Hämodialyse (Blutwäsche) oder Plasmapherese (Entnahmeverfahren für Blutplasma)
  • ggf. Lebertransplantation
  • Autor

    Mag. Gabriele Vasak

    Medizinjournalistin

    Gabriele Vasak ist seit 2019 freie Journalistin in der DocFinder-Redaktion. Ihr besonderes Interesse liegt schon lange im Bereich der medizinischen Contentproduktion. Im Jahr 2006 wurde sie mit dem Medienpreis für Gesundheitsförderung & Prävention des Fonds Gesundes Österreich ausgezeichnet, und im Jahr 2010 erhielt sie den Pressepreis der Österreichischen Gesellschaft für Neurologie.

Das könnte Sie auch interessieren
Allergietest/Prick-Test

Allergietests

Allergietests sind verschiedene Testverfahren, die zur Bestätigung einer Allergiediagnose eingesetzt werden. Sie sind wichtig, um rechtzeitig mit einer Therapie beginnen zu können, denn Allergien können sich weiterentwickeln und zu immer mehr Beschwerden führen.

Die wichtigsten Allergene

Die 14 wichtigsten Allergene bei Nahrungsmittelallergie

Nahrungsmittelallergien sind weit verbreitet und können das Leben der Betroffenen erheblich beeinflussen.

Baby erhält die Meningokokken-Impfung von einer Ärztin

Meningokokken-Impfung

Die Meningokokken-Impfung schützt vor einer Infektion durch bestimmte Untergruppen der Meningokokken-Bakterien, die schwere Krankheiten wie Gehirnhautentzündung und Blutvergiftung auslösen können. Diese Erkrankungen können mit ernsthaften Komplikationen verbunden sein.