Frau hält die Hand einer anderen Frau um Trost zu spenden
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Metastasierter Brustkrebs: Psychische Folgen der Erkrankung

Professionelle Unterstützung kann die Lebensqualität in vielerlei Hinsicht verbessern und Patientinnen bei der Bewältigung der neuen Lebenssituation helfen.

Wie häufig ist metastasierter Brustkrebs?

Brustkrebs wird in vier Stadien unterteilt, von Stadium IV – der metastasierten Form – ist die Rede, wenn der Tumor weiter fortgeschritten ist und sich im Körper ausgebreitet hat. Nur ein geringer Teil aller Betroffenen ist bereits bei der Erstdiagnose von metastasiertem Brustkrebs betroffen. Bei den meisten der metastasierten Patientinnen kommt es erst nach vielen Jahren zu einem Wiederauftreten der Erkrankung und zur Bildung von Metastasen.

Langfristig ist etwa jede dritte bis vierte Patientin von metastasiertem Brustkrebs betroffen. Wie hoch das individuelle Risiko ist, hängt vom Stadium der Krankheit zum Zeitpunkt der ersten Behandlung, von den biologischen Eigenschaften der Erkrankung und anderen Faktoren ab.

Therapieziele bei metastasiertem Brustkrebs

Da es derzeit praktisch nicht möglich ist Brustkrebs im metastasierten Stadium zu heilen bzw. dauerhaft zum Stillstand zu bringen, zielt die Therapie darauf ab, die Erkrankung möglichst lange unter Kontrolle zu halten und ihr Fortschreiten hinauszuzögern, sowie Symptome zu behandeln. Hierfür stehen verschiedene Behandlungsmöglichkeiten (antihormonelle Therapie, Chemotherapie, zielgerichtete Substanzen, Schmerztherapie u.a.), zur Verfügung.

Darüber hinaus steht vor allem die Optimierung der Lebensqualität im Fokus. Die Behandlung richtet sich nach den individuellen Bedürfnissen der Patientin und wird je nach Verlauf angepasst.

Brustkrebs ist und bleibt ein wichtiger Forschungsgegenstand. Dank innovativer Therapieansätze können zunehmend mehr Betroffene mit einer metastasierten Erkrankung über längere Zeit bei guter Lebensqualität leben. Beispielsweise wurde Ende 2016 mit den sogenannten Zellzyklushemmern eine neue Wirkstoffklasse zugelassen, welche in Kombination mit einer antihormonellen Therapie den Zeitraum, in welchem die Erkrankung stabil bleibt, bei Frauen mit hormonrezeptor-positivem Brustkrebs (Brustkrebs, dessen Wachstum durch Hormone gefördert wird) verlängert.

Was bedeutet die Diagnose für Betroffene und Angehörige?

Die Diagnose geht mit vielen Fragen, Herausforderungen und Ängsten einher. An dieser Stelle muss betont werden, dass sich die Frage „Wie viel Zeit bleibt ab Diagnosestellung noch?“ mit einer pauschalen Antwort nicht beantworten lässt, da Statistiken keine Informationen über den Krankheitsverlauf einer Einzelperson liefern. Während sich der Zustand bei einigen Patientinnen relativ rasch verschlechtert, können viele Frauen mit metastasiertem Brustkrebs noch jahrelang bei guter Lebensqualität leben. Unbestritten ist jedoch, dass das Leben mit einer fortgeschrittenen Brustkrebserkrankung für Patientinnen und deren Angehörige sehr belastend ist, weswegen es wichtig ist, über professionelle Unterstützungsangebote Bescheid zu wissen.

Psychische Herausforderungen und Belastungen 

Jede Veränderung des Gesundheitszustands, die als Bedrohung empfunden wird und ein Ende des bisher gewohnten Lebens bedeutet stellt Betroffene vor eine noch nicht erlebte Situation und führt dazu, sich im Leben neu orientieren und Wege finden zu müssen, um mit der neuen Situation zurecht zu kommen. Gefühle wie Angst, Traurigkeit, Verzweiflung, Hilflosigkeit, Kontrollverlust, Niedergeschlagenheit und Wut sind häufig unmittelbare Reaktionen auf die Diagnose.

Wie eine Frau langfristig auf die Diagnose reagiert lässt sich nicht vorhersagen – für einige Frauen wird die Situation mit der Zeit erträglicher, andere leiden wiederum unter Depressionen, Isolation und Verzweiflung. Psychische Symptome sind bei Patienten mit Krebs keine Ausnahme, sondern sehr häufig – rund vier von zehn Brustkrebspatientinnen sind von einer psychischen Erkrankung betroffen.

Patientinnen haben Angst, dass sich durch die Krankheit das Verhältnis zum Partner, der Familie und zu Freunden verändert und sie ihren Alltag nicht mehr selbstständig bewältigen können. Für viele ist es belastend, dass sie ihrer Arbeit und ihren Verpflichtungen nicht mehr nachgehen können, was das Gefühl des Kontrollverlusts und der Hilflosigkeit oftmals verstärkt und dazu führt, dass sich Betroffene als Belastung für andere wahrnehmen und Angst vor finanziellen und alltäglichen Problemen haben. Auch setzen sich viele mit Hoffnungs- und Sinnfragen auseinander, zudem ist die Angst vor dem Tod ein wichtiges Thema.

Beeinflusst wird die psychische Situation zudem durch die Krankheitsfolgen und die Auswirkungen einer Therapie, darunter z.B. Schmerzen, Erschöpfung und körperliche Abgeschlagenheit, Übelkeit, Schlaflosigkeit oder verändertes Aussehen. All dies kann von Frau zu Frau sehr unterschiedlich sein.

Krankheitsbewältigungsstrategien

Die Auswirkungen von Krebs auf Psyche und Seele sind von Person zu Person verschieden, ebenso wie die Art und Weise, wie Betroffene mit ihrer Krankheit umgehen. Bei einigen lassen Gefühle wie Niedergeschlagenheit und Verzweiflung allmählich nach, wenn sie ihren Blick darauf richten, was trotz der Krankheit noch möglich ist oder aufgrund dieser leichter zwischen wichtigen und weniger wichtigen Dingen im Leben unterscheiden können.

Prinzipiell wechseln sich im Krankheitsverlauf gute und schlechte Phasen ab. Emotionale Höhen und Tiefen sind völlig normal und während es einigen Patientinnen nicht schwer fällt, Angehörigen ihre Gefühle und Gedanken mitzuteilen, haben andere Hemmungen, um über ihre Emotionen zu sprechen, beispielsweise weil sie ihre Empfindungen nicht in Worte fassen können, sich missverstanden oder einsam fühlen. Auch Angst, Scham oder die Befürchtung eine Belastung zu sein können Gründe sein, weswegen sich Patientinnen zurückziehen.

  • Ein offener Umgang mit der Diagnose und den eigenen Gefühlen…
    … kann verhindern, dass sich Gefühle anstauen. Empfindungen über einen längeren Zeitraum für sich zu behalten kann Kraft kosten und das Gefühl von Einsamkeit und Ausgeschlossenheit verstärken.
  • Unterstützung durch Angehörige
    Metastasierter Brustkrebs betrifft nicht nur die, die darunter leiden, sondern verändert auch das Leben von Familienangehörigen und Freunden, welchen es nicht immer leicht fällt sich auf Anhieb „richtig“ zu verhalten. In vielen Fällen wird die Beziehung zwischen Patientinnen und Angehörigen durch die Krankheit gefestigt, andererseits wissen diese oftmals auch nicht, wie sie mit bestimmten Situationen umgehen sollen. Mögliche Herausforderungen ergeben sich beispielsweise aufgrund nicht angesprochener Probleme, da Angehörige häufig unsicher sind wie sie etwas am besten thematisieren können, was – aufgrund der ausbleibenden Verständigung – zu einer ungewollten Isolation von Patientinnen führen kann. Da sich gute und schlechte Phasen abwechseln ist es für Angehörige auch nicht immer leicht zu erkennen, ob jemand „nur“ ein paar schlechte Tage hat oder professionelle Unterstützung benötigt. Allgemein gültige Ratschläge darüber, wie man eine Patientin als Angehöriger am besten unterstützt und wie man die „richtigen“ Worte findet sind schwierig, da jeder Mensch anders ist – was für die eine Frau eine wertvolle Hilfe ist, kann von einer anderen Patientin als Mitleid aufgefasst und zur Belastung werden. Hinzu kommt, dass sich Bedürfnisse im Krankheitsverlauf ändern können. Prinzipiell ist es wichtig, Bedürfnisse zu kommunizieren und miteinander zu sprechen, Hintergrundinformationen aus zuverlässigen Quellen (z.B. Österreichische Krebshilfe, Europa Donna, Brustgesundheitszentren) einzuholen und der Krankheit nicht alles unterzuordnen, sondern auch anderen wichtigen Lebensinhalten ausreichend Raum zu lassen, sodass Patientinnen nicht ständig mit ihrer Krankheit konfrontiert sind und sich anderen Dingen zuwenden können. Weiters ist gut gemeinte Überfürsorge nicht immer hilfreich – wird Betroffenen alles abgenommen, z.B. wenn in ihrem Namen gehandelt wird oder sie in familiäre Entscheidungen nicht einbezogen werden, können wichtige Bedürfnisse übergangen werden. Für alle Beteiligten ist es allgemein von Vorteil, gewohnte Aufgaben und Abläufe so normal zu belassen wie es vor dem Hintergrund der Situation möglich ist, vorausgesetzt, dass es die gesundheitliche Situation der Patientin erlaubt. Dadurch fühlen sich Patientinnen ernst genommen, zugehörig und gebraucht, während Angehörige, für welche die Erkrankung psychisch und physisch sehr belastend sein kann, ihre Aufmerksamkeit und ihre Kraft auf das Wesentliche konzentrieren und überfordernden Situationen entgegenwirken können.

Unterstützungsangebote: Von Selbsthilfegruppen bis hin zu Apps

Professionelle Unterstützung kann die Lebensqualität in vielerlei Hinsicht verbessern und Patientinnen bei der Bewältigung der neuen Lebenssituation helfen. Vielen Frauen fällt der Umgang mit der Krankheit bereits leichter, wenn sie wissen welche Unterstützungsangebote ihnen offen stehen, um Hilfe beim Umgang mit Themen wie Traurigkeit, Mutlosigkeit, Depressionen und Sterben zu erhalten. Sich ausführlich über die Erkrankung zu informieren, beispielsweise bei der Österreichischen Krebshilfe, kann helfen Ängste abzubauen und mehr Sicherheit in Hinblick auf weitere Entscheidungen zu bekommen.

Die Unterstützungsmöglichkeiten für Patientinnen mit metastasierendem Brustkrebs reichen von Selbsthilfegruppen über psychoonkologische Ansprechpartner in Kliniken, psychotherapeutische Begleitung und Entspannungstechniken bis hin zu Social Media Plattformen, Online Foren und Apps, welche beispielsweise Informationen über Patientenorganisationen beinhalten, beim Kontaktaufbau mit anderen Betroffenen helfen und Patientinnen die Möglichkeit bieten, Emotionen auszudrücken und Angehörige ohne viele Worte über ihr momentanes Befinden zu informieren. Die Bandbreite an Unterstützungsmöglichkeiten ist groß – Betroffene sollten sich immer wieder bewusst machen, dass sie mit ihrer Krankheit nicht alleine sind.

  • Autor

    Katharina Miedzinska, MSc

    Medizinjournalistin

    Katharina Miedzinska-Baran ist eine freie Medizinjournalistin, Biologin und Diätologin mit umfangreicher Expertise in der Erstellung medizinischer Inhalte sowie großem Interesse an Gesundheitsthemen.

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